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Showing posts from June, 2021

Von Ostfriesland ins organisierte Verbrechen - Rupert Undercover

 Ich gebe es ja zu: Beim ersten Buch von Klaus-Peter Wolfs "Rupert Undercover" habe ich ziemlich gemeckert. Der Spin-Off zu den Ostfriesland-Krimis um Ann Kathrin Klaasen und Frank Weller, der sich um den schrägen Möchtegern-Macho Rupert drehen sollte, war mir viel zu Klaasen-lastig.  Gewissermaßen weder Fisch noch Fleisch, oder weder Matjes- noch Krabbenbrötchen, wobei da viel Potential in der Gesamtidee und den neu hinzukommenden Figuren war. Band zwei der Undercover-Mission ("Ostfriesische Jagd") hat mich nun aber überzeugt.  Während es im ersten Teil noch recht viel Realsatire bei den Versuchen Ruperts gab, einen Gangsterboss zu impersonisieren, fällt jetzt trotz gelegentlicher Schmunzelmomente das Slapstickhafte weg: Rupert hat in seine Rolle hineingefunden, und der Autor verzichtet auf Klaasen/Weller als rettende Kavallerie, sondern lässt sie tatsächlich nur als Randfiguren auftreten. So hat der eigentliche Plot viel mehr Entfaltungsmöglichkeiten und das ganze

Das Herz der Dunkelheit schlägt auf der Ferieninsel

  Seit seine 16 Jahre alte Tochter Emme vor vier Jahren während eines Urlaubs mit zwei Freundinnen auf der Ferieninsel Mallorca verschwand, ist der ehemalige schwedische Polizist Tim Blank ein Besessener. Er hat die Arbeit aufgegeben, ist nach Mallorca gezogen, sucht nach seiner Tochter. Anders als die Ermittler will er nicht aufgeben und er will auch nicht loslassen. Die Suche des verzweifelten Vaters, der selbst immer tiefer in einem Strudel von Alkohol, Gewalt und Korruption versinkt hat Mons Kallentoft  bereits in seinem Roman "Verschollen in Palma" erzählt.  Nun ist "Das dunkle Herz von Palma" als Fortsetzung erschienen und es ist vielleicht sogar noch düsterer, auch wenn die Beziehung zu seiner Frau wieder stabiler, wenn auch keineswegs unkompliziert geworden ist. Denn die beiden haben eine kleine Tochter - doch es ist ein Familienleben auf Distanz. Tim hält Frau und Tochter auf Abstand, scheint es schon für mangelnde Loyalität gegenüber Emme zu empfinden, wen

Zwei Gegenspieler und ein politischer Kampf

  Als W.B. Yeats über irischen Nationalismus und den Osteraufstand von 1916 schrieb, da geschah das überaus poetisch ("A terrible beauty is born"). Doch ehe es den Osteraufstand gab, ehe es die IRA gab, gab es im 19. Jahrhundert die Fenians, die gegen die britische Herrschaft in Irland kämpften - auch in den irischen Communities fern der grünen Insel.  In seinem Roman "Der Abstinent" schreibt Ian McGuire über den irischen Freiheitskampf aus ungewöhnlicher Perspektive mit viel hartem, düsteren Realismus. Schrecklich ist hier vieles, doch Schönheit sucht man vergebens in dunklen stinkenden Gassen, Besäufnissen, Gewalt. James O´Connor ist katholischer Ire und Polizist in Manchester - damit ist er überall ein Außenseiter: Für die Iren ist er ein Verräter, für die englischen Kollegen einer, dem sie nicht wirklich trauen. Nach dem Tod seiner Frau hat O´Connor den Halt verloren, ist Alkoholiker geworden. Die Versetzung nach Manchester war auch ein Versuch der Vorgesetzten

Staatschützer auf der Spur eines Serienmörders - Gelobtes Land

 Spannend ist es einmal mehr im dritten Teil der "Shalom Berlin" Serie von Michael Wallner um den jüdischen Ermittler Alain Liebermann, "Gelobtes Land".  Waren die vorangegangenen Bände vor allem Politthriller, geht es hier mehr noch als zuvor um Familie - zum einen die große, über Länder und Kontinente verzweigte Familie der Liebermanns, deren Matriarchin Alains Großmutter Helene ist, aber auch um gebrochene Familien, zerstörte Familien, Familiengeheimnisse. Alain will eigentlich Verlobung feiern, als er zu einem Tatort gerufen wird: Ein toter Junge ist gefunden worden. Hier beginnt leider auch der unlogische und unglaubwürdige Teil des Buches, des Alain ist schließlich beim Staatsschutz. Nicht politisch motivierte Kriminalität, einschließlich Kapitalverbrechen, sind überhaupt nicht sein Bereich. Es ist ja auch keineswegs so, als habe der Staatsschutz gegenwärtig wenig zu tun und könne andere Abteilungen unterstützen. Aber dann: Auch ein MEK als eigene Spezialeinhe

Gelungene Fortsetzung - "Die Spur der Grausamkeit"

 Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich den ersten Teil von Veronika Ruschs historischer Krimi-Reihe um Josephine Baker gelesen habe. Da mich das Buch voll überzeugt hat, war ich ausgesprochen angetan, dass nach so kurzer Zeit bereits Band 2 erschienen ist. Um es gleich vorweg zu sagen - meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht, die Fortsetzung der Geschichte um den Berliner Boxer Tristan Nowack, der nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs seine adelige Identität abgelegt hat, um die berühmte Varieté-Künstlerin Baker, den "roten Grafen" und Madam Fanny und ihre leichten Mädchen  ist gelungen. Auch wenn die Handlung immer wieder ins Berliner Scheunenviertel wechselt, spielt der Großteil von "Die Spur der Grausamkeit" in Wien, etwa zwei Jahre nach dem ersten Buch und damit Ende der 1920-er Jahre. Die nationalistischen und faschistischen Strömungen machen sich auch in Österreich bemerkbar, wo Tristan die Premiere von Josephine Baker´s Gastspiel besuchen will.

Serienmörder in Sommeridylle

 Vielleicht liegt es ja an der Vielseitigkeit des Meeres und der Landschaftsstimmungen, dass Küstenkrimis so beliebt sind. Die wechselnden Farben von Himmel, Wolken und Meer, mal düster-drohend, mal heiter entspannt, können schließlich die Armosphäre verstärken oder den Leser in die Irre führen. Manchmal ist ein dunkles Wolkenspiel wirklich nur das, und das eigentlich Dunkle und Grausame ereignet sich an einem strahlenden Sommertag. So jedenfalls auch in "Tiefrot tanzen die Schatten", einem neuen Roman im DI Ben Kitto und sein Team auf den Scilly-Inseln. Ein Sommer wie lange nicht mehr auf den Inseln, die Touristen sind begeistert und Ben trainiert eigentlich mit Freunden und Kollegen für einen Schwimmwettbewerb. Prustend und im Neoprenanzug - das ist eigentlich ein denkbar ungünstiger Monent, auf eine Leiche zu stoßen. Was zunächst nach dem Selbstmord eines lettischen Zimmermädchens aussieht, stellt sich schon bald als Mord heraus. Doch wer präsentierte die Leiche als Braut,

Dekadenz , Dämonen der Vergangenheit und der Aufstieg eines Stars - Der Tod ist ein Tänzer

 Liegt es an "Babylon Berlin"? Historische Kriminalromane, die im Deutschland der 20-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts spielen, scheinen derzeit en vogue zu sein. Und, Modewelle oder nicht, im Fall von Veronika Ruschs "Der Tod ist ein Tänzer" ist das richtig gut, denn der Auftakt einer Triologie um Variete-Star Josephine Baker ist richtig gut und fängt die einzigartige Atmosphäre des Berlins jener Jahre auf faszinierende Weise ein. Schon der Titel weckte meine Aufmerksamkeit - da denke ich doch gleich an Exilliteratur ("Deutschland, dein Tänzer ist der Tod") wie an Paul Celans Todesfuge ("Der Tod ist ein Meister aus Deutschland")  Und damit wird ganz klar ein Setting gesetzt - die 20-er Jahre nicht als die goldenen, die Zeit des vielversprechenden Aufbruchs, sondern eben der Anfang einer Entwicklung, die damals die meisten nicht sehen wollten. Der Tanz auf dem Vulkan, voll hysterischer Lebenslust, auch Dekadenz - das ist aus der Sicht von uns