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Showing posts from 2023

Sicherheitsexpertin unter Verdacht

 Sie sind schon ein besonderes Paar, Jack und ihr Ehemann Gabe: Sie kennt sich mit Einbruchswerkzeugen aller Art aus, er weiß, wie man sich in fremden IT-Anlagen unsichtbar bewegt. Doch sie sind keine Kriminellen, sondern testen im Auftrag von Unternehmen Lücken in deren Sicherheitsbereich, in dem sie dort eindringen. Jack wird im schlimmsten Fall zwar durchaus mit einer Einbrecherin verwechselt, doch man darf sich halt nicht erwischen lassen,  Zu Beginn von Ruth Wares Thriller "Zero Days" hat Jack allerdings wieder einmal Pech und muss ein paar unangenehme Stunden auf einem Polizeirevier verbringen. Der größte Schock wartet allerdings bei der Heimkehr auf sie: Sie findet Gabe mit durchgeschnittener Kehle an seinem Schreibtisch. Für Trauer bleibt Jack jedoch kaum Zeit, denn schnell stellt sie fest, dass die Polizei sie für die Hauptverdächtige hält. Sie muss von der Bildfläche verschwinden, buchstäblich off the grid sein. Gabes bester Freund gibt ihr Tipps für unüberwachte Ko

Adeliger Auftragsmörder wider Willen

  Eigentlich pflegt Lucien Comte de Chacarasse am liebsten einen entspannten südfranzösischen Lebensstil. Gute Weine, ebensolches Essen, schöne Frauen - das Leben kann schön sein. Wenn da nur nicht die Familienpflicht wäre. Und die heißt im Falle der de Chacarasses, Nachfahre von Assasinen zu sein, laut Familienspruch den Lebenden und den Toten verpflichtet. Vor allem aber den Klienten, die ein wahrhaft fürstliches Honorar zahlen, damit jemand vorzeitig vom Reich der Lebenden in das der Toten überwechselt, dank fachmännischer Nachhilfe des südfranzösischen Adelsgeschlechts. Pech für Lucien, dass er nach dem Tod seines Vaters der einzige de Chacarasse ist, der für diese Aufgaben in Frage kommt, sitzt doch sein einziger lebender Verwandter, ein nicht sonderlich geliebter Onkel, im Rollstuhl. Mit "Monsieur Le Comte und die Kunst der Täuschung" ist der zweite Band von Pierre Martins Reihe um den Assasinen wider Willen erschienen. Täuschen muss Lucien sowohl den Onkel, der die fin

Mysogynie und perfekte Ehefrauen

 Hinter der perfekten Kleinstadtidylle kann die Ehehölle lauern. Doch die bekommt keiner mit, bis die junge Mutter Melissa in Carla Kovachs Thriller "Die letzte Stunde" im eigenen Heim brutal ermordet wird. Die Obduktion der Toten weckt bei der leitenden Ermittlerin Gina Harte Argwohn - Melissa weist Spuren von Misshandlungen auf, die auf mehr als einvernehmliche kinky Sexspiele mit Ehemann Darrel hinweisen. Harte, die selbst einen gewalttätigen Ehemann hatte, ist sofort alarmiert. Doch der erste Fall, den sie selbständig leiten darf, hat es in sich: Der Ehemann, den sie nur zu gerne als Tatverdächtigen sehen würde, hat ein Alibi. Der Täter scheint mit großer Umsicht vorgegangen zu sein, DNA-Spuren gibt es nicht und es verdichten sich Hinweise, dass er einen Schutzanzug getragen hat, ähnlich dem der Spurensicherer. Zudem finden die Ermittler ein Handy, das Hinweise auf eine Affäre der Toten gibt. Ist der Lover der Mörder, weil Melissa ihren Ehemann nicht verlassen wollte? Und

Drogenkrieg und ein langer Abschied

 Ein bisschen exzentrisch, eigensinnig und sehr, sehr britisch - so kennt man das Quartett von Richard Osmans "Donnerstagsmordclub". In einer Seniorenresidenz trotzen Ex-Spionin Elizabeth, die einstige Krankenschwester Joyce, der Ex-Gewerkschafter und Arbeiterkämpfer Ron sowie der teilweise noch praktizierende Psychiater Ibrahim Langeweile und Altersbeschwerden. Nach dem Motto "Wer rastet, der rostet" kümmern sie sich um ungeklärte Kriminalfälle, mitunter zur Verzweiflung von Chris und Donna, zweier mit den vier Rentnern befreundeter Polizisten. Auch der nunmehr vierte Band der Reihe "Ein Teufel stirbt immer zuletzt" bildet hier keine Ausnahme. Es geht sogar handfest zur Sache: Der Tod eines Antiquitätenhändlers scheint der Anfang eines Drogenkrieges an der englischen Südküste zu sein. Alle sind plötzlich auf der Suche nach einem Kästchen mit Heroin, das der Händler eigentlich nur für 24 Stunden in Verwahrung nehmen sollte. Hat er womöglich versucht, als A

Cold Case auf der Vulkaninsel

 Bill Clinton hat es getan, Ehefrau Hillary ebenfalls - und nun auch Katrin Jakobsdottir, die isländische Ministerpräsidentin: zusammen mit einem befreundeten Schriftsteller einen Kriminalroman geschrieben. Wobei im Fall von Jakobsdottir noch dazu kommt dass sie, im Gegensatz zu den Clintons, weiterhin amtierende Regierungschefin ist und nicht den Ruhestand zwischen Redeauftritten mit kreativem Schreiben würzt. Den Erstling "Reykjavik", der in den 1980-er Jahren während des Gipfeltreffens von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow spielt, hat Jakobsdottir mit dem befreundeten Schriftsteller Ragnar Jonasson geschrieben. Es geht aber nicht etwa um den Kalten Krieg, sondern um einen Cold Case: Seit 30 Jahren ist die damals 15 Jahre alte Lara spurlos verschwunden. Sie arbeitete als Hausmädchen bei einem Ehepaar auf einer kleinen, nahezu menschenleeren Insel - und dann war sie plötzlich weg. Jugendliche Ausreißerin, Selbstmord oder ein Kriminalfall? Der seinerzeit unerfahrene Poliz

Von wegen Sabbatical!

  Udo Lindenberg-Fans und Leute aus der Medienbranche haben bei "Einer muss den Job ja machen" von Lars Haider einen klaren Vorteil: Nicht nur der Titel ist einem Lindenberg-Song entliehen, auch der Protagonist, der  Hamburger Lokaljournalist Lukas Hammerstein, ist mit dem Sänger befreundet. Um Deutschrock geht es allerdings weniger, viel mehr dreht sich dieser unterhaltsame Hamburg-Roman um die Nachwehen des G7-Gipfels, die Krise in der Medienbranche und den Tod zweier renommierter Journalisten.  Hammerstein sollte all das eigentlich kalt lassen, denn er hat ein dreimonatiges Sabbatical genommen, um sich seiner mittlerweile hochschwangeren Frau zu widmen, das Kinderzimmer herzurichten und sich um den neurotischen Dackel der Schwiegereltern kümmern. Doch wie kann ein Reporter wegschauen, wenn er eine große Geschichte wittert und irgendwie auch einer seiner besten Freunde in die mediale Schusslinie gerät? Bei diesem Freund handelt es sich denn auch noch um den regierenden Bürg

Aussteigerträume und Paranoia

 Nachdem ich schon mehrere Psychothriller von Lucy Clarke gelesen habe, war ich gespannt auf "No Escape" um die beiden britischen Freundinnen Lana und Kitty, die auf einer Segelyacht unter Aussteigern den Traum von Freiheit träumten. Auch wenn ich von der Lektüre nicht enttäuscht wurde, ist das nicht das beste Buch der Autorin. Ich-Erzählerin Lana, mittlerweile nach einem heftigen Streit von Bord gegangen und in Neuseeland, wirkt auf mich ziemlich selbstgerecht  und unreflektiert. Das macht es schwer, mit ihr warm zu werden. Das Buch beschwört schöne Bilder vom Skipper Leben hervor, von Schnorcheln auf Riffen in der Südsee und einsamen Trauminseln - sicher eine wunderbare Kulisse für eine Verfilmung. Was Spannung und Suspense angeht, fällt "No Escape" aber deutlich von Clarkes Büchern "Castaways" oder "One of the Girls" ab. Die Charaktere sind deutlich flacher, und auch wenn im Verlauf der Handlung so manches Geheimnis gelüftet wird, das die Auss

Intelligenter Thriller mit zahlreichen Überraschungen

 Verkatert und mit Filmriss aufzuwachen ist unangenehm, für die Harfenistin Louise aber nicht gerade unbekannt. Im Gegenteil - nur unter Alkoholeinfluss fühlt sie sich selbstbewusst und liebenswert. Dass allerdings ein regloser Mann in einer Blutlache neben ihr liegt, vergrößert die Katerstimmung und die Probleme der durch ein immer chaotischeres Leben schwankenden Frau. Gytha Lodges Krimi "Neben wem du erwachst" löst gleich im ersten Kapitel zahlreiche Fragen aus und sorgt in Folge für immer neue Aha-Effekte und Zweifel. Lodge erzählt in zwei Perspektiven - zum einen aus der Sicht Louises, die einen langen Brief an ihren Mann Niall schreibt, zum anderen aus einer beobachtenden Perspektive, die die Arbeit der Ermittler verfolgt, denen eine Leiche in einem Vorgarten gemeldet wird. Der erstochene Mann, der offenbar woanders starb - man ahnt, es ist Louises Bettnachbar. Hatte sie etwas mit seinem Tod zu tun? Hatte sie ein Verhältnis oder in einer Notwehrsituation gehandelt? Gab

Die Macht der Lüge

  Schuld, Trauma, entzweite Familien und eine Art Romeo und Julia-Geschichte prägen Malin Stehns Psychokrimi "Nur eine Lüge", der auf zwei Zeitebenen spielt. Einst waren Annika und Mats sowie Krister und Gittan gut befreundet, die Söhne William und Erik spielen im gleichen Fußballteam. Ein schwerer Verkehrsunfall ändert alles. Erik ist nach einer Alkoholfahrt querschnittgelähmt, die Profikarriere, von der insbesondere seine Mutter Annika träumte, ist nun unmöglich. Seine jüngere Schwester Emily, die ohnehin nur wenig Beachtung von der fußballbegeisterten Mutter bekam, droht völlig hintenan zu stehen. Acht Jahre später kommen die Familien zusammen zur Hochzeit von Emily und William, der mittlerweile ein erfolgreicher IT-Unternehmer ist. Emily hat ihre mittlerweile geschiedenen Eltern zur Hochzeit eingeladen, doch vor allem das Verhältnis zur Mutter ist schwierig: Annika ist Alkoholikerin, wirft William und dessen Familie Mordversuch und Vertuschung vor - nicht die besten Vorau

Mordsstimmung beim Familientreffen

 "Die mörderischen Cunninghams" von Benjamin Stevenson mag in Australien spielen, aber dieser Familienkrimi trieft vor britischem Humor und angelsächsischem Understatement. Mit seinen leicht exzentrischen Protagonisten erinnert es mich an die detektivische Altenheim Gang von Richard Osmans Donnerstags-Mordklub. Allerdings stehen die Cunninghams, so verrät Ich-Erzähler Ernest Cunningham gleich im ersten Kapitel, mehr auf dem Grundsatz: Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen. Inwieweit das zutrifft, wird dann mit Augenzwinkern und nicht ganz ohne Dramatik auf einem mordsmäßigen Familientreffen in einem eingeschneiten Skihotel ausgeführt. Ernest, mäßig erfolgreicher Autor eines Lehrbuchs zum Verfassen von Detektivromanen, ist so etwas wie das schwarze Schaf der Cunninghams, jahrelang zeigte ihm die Familie die kalte Schulter. Schließlich hat Ernest getan, was keinem Cunningham einfallen sollte: Er hat seinen großen Bruder bei der Polizei verraten und dafür gesorgt, dass

Tödliche Zugfahrt zur Weihnachtszeit

  Mit dem Titel "Mord im Christmas Express" hat Alexandra Benedict gleich das Thema und die Messlatte ihres Weihnachtskrimis hoch angesetzt. Denn wer denkt da nicht gleich an die britische Krimi-Queen Agatha Christie und den "Mord im Orient-Express", der Meisterdetektiv vor solche Herausforderungen stellt? Und der obendrein in gleich zwei Verfilmungen als hochkarätig besetztes spannendes Kammerspiel beeindruckte. Da werden jedenfalls gleich Assoziationen und Erwartungen geweckt. Die Herausforderungen, vor denen Benedicts Protagonistin Roz steht, sind nicht nur dem Fall geschuldet. Denn eigentlich ist die Polizistin frisch pensioniert. Farewell, Metropolitan Police, hello Ruhestand mit gerade mal 59 Jahren, dafür aber voller Vorfreude auf das Enkelkind, das schon bald geboren werden soll. Ein wenig hofft Roz, dass der neue kleine Mensch auch hilft, das Verhältnis zu ihrer Tochter zu entspannen. Die kam bei der alleinerziehenden Mutter häufig zu kurz, ganz abgesehen v

Suche nach vermisstem Kind und familiäre Verwerfungen

 Nicole Trope ist eine Autorin für psychologische Abgründe in scheinbar normalen, gut funktionierenden Familien. Bei "Die Pflegefamilie" ist das nicht anders, ebenso das Spiel mit Zeitebenen, der Beginn mit einer dramatischen Situation, die dann nach und nach von hinten aufgerollt wird. Die Wiederholung dabei stört mich nicht, denn die Methode funktioniert. Hier ist besagter dramatischer Beginn die Suche nach einem vermissten Fünfjährigen, dem Pflegekind von Elizabeth und Howard. Howard verdächtigt den alten, leicht dementen Nachbarn von gegenüber, dass dieser ein ungesundes Interesse an dem kleinen Jungen gehabt habe. Schnell stellt sich aber heraus, dass auch Elizabeth und Howard der Polizei gegenüber nicht mit offenen Karten spielen und es in der Familie ein paar offene Abgründe gibt. Liegt es daran, dass es nunmehr der dritte Psychothriller von Nicole Trope ist, den ich gelesen habe und die grundsätzliche Masche der Autorin nun besser kenne, oder ist der Plot diesmal schw

Abgründe in Vergangenheit und Gegenwart - Liv Jensen ermittelt

  Katrine Engberg war mir schon durch ihre im Diogenes Verlag veröffentlichten Kopenhagen Krimis ein Begriff. Nun gibt es wohl einen neuen Verlag - und mit "Glutspur" den ersten Band einer neuen Serie um die Privatdetektivin Liv Jensen, die nicht nur versucht, in der Branche Fuß zu fassen und in der dänischen Hauptstadt heimisch zu werden - sie arbeitet auch auf eine Rückkehr in den Polizeidienst hin. Bis die Leser Liv kennenlernen, dauert es allerdings eine Weile, denn gleich mehrere Erzählstränge werden eingeführt sowie Personen, die auch künftig eine Rolle spielen könnten. Da ist der Selbstmord eines Mannes, der sich als der Sohn von Livs künftigen Vermieter herausstellen wird. Der unter einer bipolaren Störung leidende Mann befand sich wegen des Mordes an seiner Ex-Frau in der forensischen Psychiatrie. Erst Monate nach dem Selbstmord wird bei der Renovierung seines Zimmers bekannt, dass er hinter einer Schrankwand Botschaften in einer ausgestorbenen Sprache hinterlassen h

Neuer Fall und neue Liebe für Hulda Gold

 Anne Stern schickt mit dem Roman "Die Lichter der Stadt" die Hebamme Hulda Gold bereits zum sechsten Mal auf Ermittlungen im Berlin der 1920-er Jahre. Denn auch wenn das Aus der wechselhaften Beziehung zu einem Kriminalbeamten schon eine Weile her ist - Hulda kann es einfach nicht lassen, sich einzumischen, wenn einer ihrer Schützlinge in Not scheint.  Dabei ist "Fräulein Gold" selbst alleinerziehende Mutter. Seit dem Vorgängerroman "Rote Insel" ist sie zu einer  Frauenberatungsstelle am Nollendorfplatz gewechselt und trauert der Arbeit, ja Berufung, als Hebamme nach. Doch wie kann sie ihren geliebten Beruf bei Tag und Nacht ausüben, wenn sie auch noch die dreijährige Meta versorgen muss? Schon der Dienst in der Beratungsstelle kann kompliziert werden. In "Die Lichter der Stadt" ist mittlerweile das Jahr 1929 angebrochen. Um den Nollendorfplatz herrscht diverses, manchmal wildes Leben. Doch auch Liebe liegt in der Luft: Huldas väterlicher Freund

Dramatischer Überlebenskampf

 Dass sie etwas von psychologischer Spannung, starken Gefühlen und weiblicher Verbundenheit versteht, hat Lucy Clarke bereits in ihrem Roman "One of the girls" gezeigt, in dem es um einen Junggesellinnenabschied geht, der ganz anders verläuft als geplant. Ich war daher sehr gespannt auf Clarkes neuen Roman, "Castaways" - und ich bin nicht enttäuscht worden! Diesmal geht es um zwei Schwestern,  die nach dem frühen Tod der Eltern alles füreinander waren. Was natürlich nicht heißt, dass es bei aller schwesterlicher Liebe und Verbundenheit nicht auch einmal kriselt. So auch zwischen Lori und Erin. Lori, die Ältere, braucht nach dem Scheitern ihrer Ehe eine Auszeit. Erin, die jüngere, hat bei dem Paar gelebt und die Krisenzeiten miterlebt. Doch am Abend vor dem Flug auf eine entlegene Insel auf Fidschi kommt es zu einem Streit. Erin verlässt wütend das Hotel - Lori fliegt alleine. Doch das Flugzeug kommt nie am Ziel an. Es ist irgendwo über dem Südpazifik vom Radar versc

Familiäre Abgründe in isländischer Kleinstadt

 Seit einem halben Jahr ist eine junge Frau in einer isländischen Kleinstadt verschwunden, doch vermisst wird sie offenbar nicht einmal von ihrer 16-jährigen Tochter. Alkoholabhängig, nicht besonders zuverlässig, hat die alleinerziehende Mutter einen Abschiedsbrief hinterlassen. Wollte sie mit einem Suizid aus all ihren Problemen flüchten? Doch als in einem Lavafeld eine weibliche Leiche gefunden wird, scheidet für die ermittelnde Polizistin Elma und ihr Team ein Selbstmord oder Unfall schnell aus. Zu sehr wirkt die Tote wie abgelegt und versteckt. Doch wer könnte Interesse daran haben, eine Frau zu töten, die eh schon länger auf der Verliererseite des Lebens steckte? In "Verlogen", dem zweiten Band von Eva Björg Aegisdottir Reihe um die isländische Polizistin Elma, ist der Titel bereits Programm. Denn zahlreiche Lügen müssen auf der Suche nach der Wahrheit aufgedeckt werden. Dabei versteht es die Autorin gut, ihre Leser*innen ebenfalls mit manchem Täuschungsmanöver zu überra

Baden-Baden zwischen Schachturnier und Diebstahlserie

  Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie - das ist für viele Frauen auch heute noch ein Spagat. Vor hundert Jahren war es noch eine Ecke schwieriger, weiß Alma Täuber, die Protagonistin der historischen Krimireihe von Charlotte Blum um das "Fräulein vom Amt" im Baden-Baden der 1920-er Jahre. Denn die jungen Frauen mussten unverheiratet sein, wenn sie berufstätig bleiben wollten - Fräulein eben. Alma befindet sich in einem Dauerkonflikt: Der fesche Kriminalkommissar Ludwig Schiller würde ihr nur zu gerne einen Verlobungsring an den Finger stecken. Alma liebt den Polizisten - aber ihren Beruf und damit ihre auch finanzielle Unabhängigkeit will sie nicht aufgeben. In "Spiel auf Leben und Tod", dem dritten Band der Autorinnen Regine Bott und Dorothea Böhme, die gemeinsam als "Charlotte Blum" schreiben, haben Alma und Ludwig allerdings ein Arrangement gefunden: Da Alma mit ihrer lebenslustigen Freundin Emmi eine kleine Mansardenwohnung bewohnt, hat das Paar im

Justizkrimi in Pandemie-Zeiten

 Strafverteidiger Anton Pirlo steckt  im dritten Band von Ingo Botts Justiz-Krimi "Gefährlicher Freispruch" in einer handfesten Lebens- und Schaffenskrise. Wer den Vorgängerband gelesen hat, weiß Bescheid: Eine schöne Frau hat dem Anwalt erst den Kopf verdreht und sich später als Vertreterin der Gegenseite erwiesen. Liebe kaputt und Fall in der Schlussphase eines fast schon verlorenen Verfahren gerade mal noch von Kanzlei-Kollegin Sophie Mahler gerettet. Da hängt Pirlo so in den Seilen, dass er kaum noch dazu kommt, sich die Haare und den Bart zu zerwuscheln. Dabei muss die Kanzlei dringend mal wieder ein paar Klienten aquirieren, mahnt Büro-Manager Wang. Doch Pirlo ist gefordert: Ein Corona-Testzentrum fällt Brandstiftung zum Opfer, festgenommen wird ausgerechnet ein alter Mitschüler und Kronprinz einer Clan-Familie. Als ob das nicht ausreicht, wird Pirlo schnell klar gemacht, wer tatsächlich gezündelt hat, nämlich sein älterer Bruder.  Wobei Kollegin Mahler nicht die gering

Rohstoffe und eine tote Whistleblowerin - neuer Fall für die Hausbootsdetektive

 Cozy, divers und obendrein mit einem nachhaltigen Umweltthema - die Amsterdamer Hausboot-Detektive von Amy Achterop bieten in ihrem zweiten Fall "Tödlicher Grund" wieder die Kombination von Wohlfühlatmosphäre und Spannung. Wobei das mit dem Wohlfühlen für die Detektive so eine Sache ist, denn der Herbst naht, es zieht mächtig durch die Luken und Planken des alten Hausbootes und das Geld für Heizöl ist knapp - leider hat der erfolgreiche erste Fall in der Gourmet-Szene nicht so wirklich zu einem festen Kundestamm geführt. Ein Routinefall  - die Auftraggeberin ließ ihren Verlobten überprüfen, an dessen Treue ihr kurz vor der Hochzeit einige Zweifel kamen - scheint erfolgreich abgeschlossen. Doch dann wird die Braut in Spe tot aufgefunden und erweist sich als Whistleblowerin, die sich der Ausbeutung der Tiefsee in den Weg stellen wollte, indem sie ein geplantes Abbauprojekt torpedierte. Wirtschaftsspionage, Geldgier, Eifersucht in Forscherkreisen - den Hausbootdetektiven dämmer

Wahnvorstellung oder nicht - Ein Mord in der geschlossenen Psychiatrie

 In seinem Roman "Eingewiesen" treibt Mark Billingham die Idee eines locked room plot auf eine neue Spitze. Kein eingeschneiter Luxuszug, keine abgelegene Insel, sondern die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik ist hier der Schauplatz. Auch Ich-Erzählerin Alice gehört zu den Patienten, die zwangseingewiesen wurden. Der Tod eines Kollegen hat bei der Polizistin ein posttraumatisches Syndrom ausgelöst, Drogen und Alkohol heizten die Psychose dann noch so richtig an, Klar, dass sich Alice berufen fühlt, als ein Mitpatient tot in seinem Zimmer aufgefunden wird. Leider nehmen weder ihre Mitpatienten noch das Pflegeteam oder die Polizei ihre Ermittlungsversuche und Theorien ernst. Nun gehört Billingham zu den Autoren, die gut mit den Köpfen ihrer Leser spielen können und so fragt man sich angesichts des Settings natürlich, was man hier überhaupt glauben darf und soll. Alles nur eine Wahnvorstellung? Gab es überhaupt einen Toten, oder spielt sich das alles ausschließl

Ein Boston Noir voller Härte und Dunkelheit

 Dunkel, sehr dunkel ist Dennis Lehanes Roman "Sekunden der Gnade" - und das hat nicht nur mit dem hässlichen Problem Rassismus zu tun,  der in diesem Boston Noir eine Rolle spielt. Ein wenig verarbeitete Lehane dem Vorwort zufolge auch eigene Schreckenserfahrungen seiner Kindheit, als er unversehens Hass und Gewaltbereitschaft in den Protesten gegen die Aufhebung der Rassensegregation an Schulen in Boston erlebte. Der Streit um die Pläne, schwarze Kinder künftig in Bussen an Schulen in weiße Wohnviertel zu bringen und umgekehrt, ist auch in dem Roman der Hintergrund des Konfliktes, der immer gewalttätiger zu werden droht. Auch Mary Pat Fennessy ist wütend, dass ihre Tochter Jules künftig auf eine Schule im schwarzen Nachbarviertel gehen soll, ist bereit zu protestieren. Und dem Organisator der Proteste erteilt man ohnehin keine Absage. Offiziell geht es vielleicht um die Verteidigung irischer Identität, aber eigentlich um organisierte Kriminalität. Wenn Mary Pat und ihre Toc

Rettungsmission im eingeschneiten Wales

  Disclaimer: Ich war vermutlich voreingenommen, als ich "Joe Country" von Mick Herron las. Denn ich fand bereits die Vorgängerromane großartig, habe den Autor als intelligent, spannend und mit diesem sehr britisch-selbstironischen schwarzen Humor erlebt - da gehe ich von vornherein mit großem Wohlwollen an jedes neue Buch des Autors heran. Wobei er dadurch ja auch hohe Erwartungen zu erfüllen hat. Und gleich vorrneweg, ich bin auch diesmal nicht enttäuscht worden.  Einen Wermutstropfen gibt es allerdings, Herron hat die Angewohnheit, sich seiner Figuren öfter mal gewaltsam zu entledigen. Als Leser ist man daher gut beraten, keine der Figuren zu sehr ins Herz zu schließen, auch wenn die Spionage-Pechvögel aus dem Slough House dazu einladen können. Die ungeliebten Versager des MI5 haben diesmal nicht nur mit den Ätz-Kommentaren ihres Chefs Jackson Lamb zurechtzukommen, sondern auch mit einer Rettungsmission, die sie ins tiefste Schneegestöber in Wales führt. Dabei spielen auch

Fluch der Vergangenheit

 Eigentlich will Detective Inspector Ben Kitto in die Zukunft blicken - er wird schließlich demnächst Vater. In nunmehr sechsten Band von Kate Penrose um die Fälle des Ermittlers auf den Scilly-Inseln  vor Cornwell, "Düster ruht die See", geht es hingegen gleich zweimal um die Vergangenheit. Zum einen wird bei Bauarbeiten das Skelett eines unbekannten Toten auf der kleinen Heimatinsel Kittos gefunden. Zum anderen werden mehrere Menschen umgebracht, die an der Verhaftung eines brutaten Gangsterbosses beteiligt waren, der nun im Sterben liegt. Hat er einen Auftragmörder in Gang gesetzt? Und ist Kitto, der bei einem Undercoverjob einen entscheidenden Beitrag zur Festnahme des Mannes leistete, auf der Insel in Gefahr? Ohne zu spoilern, sei eines verraten: Leserinnen und Leser wissen von Anfang an, wer die Morde begeht und warum. Sie erfahren die Handlung daher aus zwei Perspektiven, während die Ermittler im Nebel stochern und bis fast zum Schluss nicht ahnen, mit wem sie es zu tu

Roadtrip mit der irischen Mafia - Danny Ryan auf der Flucht

 Der erste Teil von Don Winslows Gangster-Triologie "City on Fire" über Aufstieg und Fall eines irisch-amerikanischen Gangsterclans in Neuengland, über Bandenkriege, Liebe, Ehrgeiz und Verrat erinnerte mich mit seiner dramatischen Wucht an eine griechische Tragödie. Teil zwei, mit dem Titel "City of dreams", steht dem nicht nach. Auch wenn es sicher gut ist, das erste Buch zu kennen (und meine Lese-Empfehlung hat es sowieso!) verrät der Autor mit Rückblenden genug über Geschichte und Vergangenheit seines Protagonisten Danny Ryan, damit neue Leser*innen dem Plot problemlos folgen können. City on Fire spielte noch in der Ostküstenstadt Metropole, in "City of Dreams" verlagert sich das Geschehen vor allem nach Los Angeles und Las Vegas. Danny Ryan, frisch verwitwet mit einem kleinen Sohn und einem zunehmend dementen Vater, ist mit seinen letzten Getreuen auf der Flucht: Vor den einstigen Freunden der irischen Gang, vor der italo-amerikanischen Konkurrenz, der

Unglaubwürdige Hobby-Ermittlerin unter Schafen

  Zugegeben, bei dem Cozy-Krimi "Vier Schafe und ein Todesfall" von Thomas Chatwin triggerte mich zunächst einmal der Titel, der an einen Mix der romantischen Komödie "Vier Hochzeiten und und ein Todesfall" und den Schaf-Krimi "Glennkill" erinnerte. Fand ich seinerzeit beides ausgesprochen nett. Hinzu kam die Buchbeschreibung für "Leser:innen von Richard Osman". Dessen Hobby-Ermittler aus einer britischen Seniorenkonferenz sind mir mit ihren unorthodoxen Methoden und trockenem Humor ziemlich ans Lese-Herz gewachsen. Doch ach, im Vergleich blieb ein blökendes "bah" zurück. Denn zwar wimmelt es auch hier von kauzigen Charakteren vor allem in den Nebenfiguren, aber insgesamt fehlt es mir in diesem in Cornwall angesiedelten Cozy Krimi um die Doyle-Sippe auf der Suche nach dem Beweis der Unschuld einer unter Mordverdacht geratenen Cousine einfach von vorne bis hinten an Glaubwürdigkeit. Wenn es sich nur um augenzwinkernde Übertreibung handel

Hochzeitsplanung zwischen ein paar Morden

 Sie sind ein durchaus unorthodoxes Paar: Der Serienmörder mit dem moralischen Kompass, der sich als Leiter einer diskreten Klinik in Ostfriesland zur Ruhe gesetzt hat, und die ehemalige "Miet-Ehefrau", die Luxus-Callgirl und Leibwächterin in Personalunion war. Zusammen haben Doktor Sommerfeldt und seine Frauke, die Protagonisten von Klaus-Peter Wolfs "Ein mörderisches Paar", ein paar Leichen in der Vergangenheit. Aber jetzt soll Hochzeit geplant werden, mit großer Torte, romantischem Schauplatz und weißem Kleid, das ist Frauke wichtig. Doch ach, es kann der Beste nicht in Ruhe heiraten, wenn es gilt, auch Sommerfelds ganz eigene Weise Unrecht wieder zurecht zu rücken. Was in diesem Fall heißt, einen vor Gericht freigsprochenen Dealer mit professionellem Herzstich ins Jenseits zu befördern,  Der Mann hat es verdient, meint Sommerfeldt, hat er doch einen 13-jährigen Schüler auf dem Gewissen, der an einer Überdosis starb. Wo er schon mal dabei ist, will Sommerfeldt au

Dramatisch und hochspannend: Die Familie gegenüber

 "Die Familie gegenüber" ist bereits das zweite Buch der australischen Autorin Nicole Trope, das ich in diesem Jahr gelesen habe. Nach "die Tochter meines Mannes" waren meine Erwartungen an "Die Familie gegenüber hoch. Und ich bin nicht enttäuscht worden. Dieser Psychothriller, in dem es um mehr als ein Familiendrama geht, ist äußerst dramatisch und hochspannend, mit eine Twist, der der Geschichte kurz vor Schluss noch einmal eine ganz neue, aber im Gesamtplot äußerst stimmige Richtung gibt. Und einmal mehr spielt die Autorin mit Zeit- und Erzählebenen, die die Leser über manche später wichtige Entwicklingen zunächst im Ungewissen lassen beziehungsweise grübelnd, wie sich die Stränge wohl zusammenfügen mögen. Dramatisch geht es bereits zu Beginn zu: Eine junge Mutter beschäftigt sich mit ihrem Baby, als sie von draußen Knallgeräusche wahrnimmt. Die ältere Nachbarin ist in heller Aufregung, redet von Schüssen. Die Polizei, die kurz darauf auftaucht, wirkt nur an

Spekulationsobjekt Venedig

Die Todesdrohungen der Mafia haben den sizilianischen Commissario Morello nach Venedig gebracht, wo er mit dem Roman "Falsche Freunde" von Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo nunmehr seinen dritten Fall löst. Mögen andere von der Lagunenstadt mit ihren Kanälen und prachtvollen Palästen schwärmen, Morello will unbedingt zurück nach Sizilien, die offene Rechnung mit der Cosa Nostra begleichen, den Tod seiner Frau und seines ungeborenen Kindes rächen. Und die winterliche Kälte im Norden ist nur ein weiterer Grund, Venedig so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Vorerst aber muss Morello einen Mordfall lösen - seinen letzten in der Stadt der Gondeln? Ein Buchhalter wird gleich zu Beginn des Romans ermordet aufgefunden, die Trauer um den Toten hält sich in Grenzen: In der Nachbarschaft galt er als unsympathisch, seine Mitarbeiter wissen nichts Gutes über ihn zu erzählen, während seine Privatklienten sich eher verschlossen geben.  Erst nach und nach erfahren die Ermittler, das

Auf der Flucht - ein Thriller im Internetzeitalter

  "Going Zero" von Anthony McCarten ist ein moderner Thriller des digitalen Zeitalzers, der Spannung und einen interessanten Plot mit nachdenkenswertem Stoff verbindet. Es beginnt als Spiel mit großem Einsatz: Im Rahmen eines Projekts, das zugleich der Testfall für eine private-public partnershio zwischen CIA und FBI einerseits und einem gigantischen Cyberunternehmen andererseits ist, sollen zehn Testpersonen 30 Tage lang von der Bildfläche verschwinden. Wer das schafft, ohne von Zugriffsteams, Drohnen oder den Teams des Unternehmers Cy Baxter aufgespürt zu werden, dem oder der winkt ein Preisgeld von drei Millionen Dollar.  Ist Baxter erfolgreich, winkt ihm eine Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, die ihm Zugriff auf eine Fülle von Daten erlaubt - eine Machtfülle, wie sie ein Privatunternehmer nicht haben sollte? Und können Sicherheitsbehörden die Datentechnik Baxters wirklich nur für das Aufspüren von Terroristen, organisierten Verbrechern usw nutzen? Schon bei dem

Tödliche Hochzeit

 Nein, diese Hochzeit ist nicht der schönste Tag im Leben des norddeutschen Jung-Landwirts Henning und seiner aus Lettland stammenden Frau Anna: Eine Nachbarin findet Hennings Eltern erschossen im Schlafzimmer, Henning ist schwerverletzt, Anna hat sich in einer Scheune versteckt. Was steht hinter den Morden in der Hochzeitsnacht? Fentje Jacobsen, deren Großeltern einen Schafbauernhof gleich in der Nacbarschaft betreiben, kennt Henning nicht nur aus ihrer Schulzeit, sie ist auch Anwältin und wird gebeten, Henning zu vertreten. Denn die Polizei sieht in dem Hoferben  keineswegs nur das Opfer, sondern auch einen möglichen Verdächtigen in Eva Almstädts Kriminalroman "Akte Nordsee. Der Teufelshof". Almstätt lässt Fentje Jacobsen mit diesem Buch bereits zum zweiten Mal ermitteln. Fentje ist eine eher untypische Juristin, muss sie sich ihre Zeit schließlich zwischen den Bedürfnissen ihrer Klienten und denen mutterloser Lämmer aufteilen - die Großeltern sind in die Jahre gekomme, da

Kommerz, Archäologie und Rache

 Die Serie von Nikos Milonas (ein weiterer Fall von einem deutschen Autor, der mit seinem Pseudonym einen Landsmann von Schauplatz seiner Romana vorgaukelt, in diesem Fall nicht Frankreich, Portugal oder Italien, sondern eben Griechenland) um den griechischen Kriminalkommissar Michalis Charisteas kannte ich bisher nicht. Es machte aber trotzdem nichts, mit dem bereits fünften Band "Kretische Nacht" einzusteigen. Denn erstens hat der Autor ein breites Personenverzeichnis vorangestellt und zweitens erschließt sich das Bezieuhngsgefüge recht schnell. Zudem ist das Privatleben des Kommissars ständig in die Handlung eingewoben, das macht den Einstieg leicht. Leicht hat es unterdessen Charisteas nicht gerade. Da will er die Beziehung zu seiner deutschen Freundin auf eine neue Ebene hieven, hat heimlich Verlobungsringe gekauft - doch mit Heimlichkeiten ist das auf Kreta so eine Sache, vor allem angesichts des sechsten Sinns seiner Mutter und seiner Schwester für solche Geheimnisse.

Tod auf dem Jazzfestival

 Ex-Journalistin Agnes Tveit ist seit ihrem  ersten Auftritt in Randi Fuglehaugs "Todesfall" unter die Buchautorinnen gegangen. Die dramatischen Erlebnisse um das Sportfest in ihrer westnorwegischen Heimatstadt Voss hat sie zu einem True Crime-Buch verarbeitet, nun soll sie  eine Biografie über die ebenfalls aus Voss stammende Saxofonistin Marta Tverberg schreiben. Zu der exzentrischen Jazzerin hat sie ein ambivalentes Verhältnis: Sie bewundert die Lebensleistung der Frau,  kann sich mit ihrer oft barschen und arroganten Art nicht anfreunden. Doch dann stirbt Marta während des Voss Jazz Festival nach einer Wutrede  gegen Jugendkult und Männerbünde in der Musikindustrie während ihres Auftritts. Ist damit auch die Biografie gestorben? Die Tatsache, dass auch ein anwesender Medizinstudent nach seinen Wiederbelebungsmaßnahmen und Mund-zu-Mund-Beatmung zusammenbricht und wenig später stirbt, nährt die Vermutung, dass hier nicht etwa ein plötzlicher Herztod eintrat. Tveits Verlag f

Giftmord auf der Hallig

 Mit ihrem Buch "Halliggift" führt die Autorin Greta Henning ihre Leserinnen und Leser bereits zum dritten Mal nach Nordfriesland, um die von einer Hallig stammenden Küstenkommissarin Minke van Hoorn ermitteln zu lassen. Nach nunmehr drei Büchern muss festgestellt werden: So eine Hallig kann bei aller Idylle tödlich sein! Diesmal erwischt es die Chorleiterin Hanni, ausgerechnet nach dem Kirchenkaffee. Sie bleibt nicht die einzige Tote - ausgerechnet wenige Stunden nach seiner Traumhochzeit wird ein örtlicher Reeder erstochen aufgefunden. Als hätte sie mit mehreren Morden nicht schon genug zu tun, ist Minke auch in ihrem alten Beruf als Meeresbiologin gefragt, denn ein Pottwal ist vor der Küste aufgetaucht. Örtliche Umweltschützer wollen unbedingt verhindern, dass das Tier strandet und Minke mit ihrem Know-how soll eine Strategie ausarbeiten. Wie gut, dass ihre schwäbische Kollegin Lisa so weit scheint, einen Mordfall eigenständig übernehmen zu können.  Die stets gut gelaunte

Platzt die Seifenblase der perfekten Familie?

 Gemma  kann das Gefühl haben, das große Los gezogen zu haben: Ihr Geschäft als selfmade-Unternehmerin läuft gut, sie hat sich aus kleinen Verhältnissen nach oben gekämpft. Ihr Mann, ein Personal Trainer, unterstützt sie - auch im Haushalt und bei der Versorgung der beiden Kinder. Sicher, manchmal läuft alles ein bißchen chaotisch, doch erst an dem Tag, als die sechsjährige Katie nicht im Haus zu finden ist und nach bangen endlosen Minuten von der Oma auf der Straße gefunden wird, hat Gemma das Gefühl, dass ihr manche Dinge womöglich entgleiten: Mit "Die perfekte Familie" piekst Autorin Shalini Boland in die schillernde Seifenblase der Familie, in der alles wunderbar klappt - wird sie platzen? Dieser Psychothriller ist spannend, aber kein klassischer Krimi. Vielmehr steigert die Autorin die Atmosphäre aufkommenden Misstrauens: Haben Gemma und Robert tatsächlich alles im Griff? Eskaliert in der Klasse der älteren Tochter die Situation angesichts einer ehrgeizigen Super-Mutter?

Tokyo Noir

 Der japanische Schriftsteller Kotaro Isaka hat mich bereits vor rund zwei Jahren mit seinem fulminanten "Bullet Train" überzeugt. Manche kennen vielleicht nur den gleichnamigen Film mit Brad Pitt - der Film ist gut (wenn auch ein wenig sehr an westliches Publikum/Cast adaptiert), aber das Buch war noch einmal besser. Klar, dass ich sofort aufhorchte, als mit "Suzukis Rache" erneut ein Buch des Autors auf den deutschsprachigen Buchmarkt kam (übrigens bereits 2004 geschrieben). Meine großen Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Auch dieses Buch ist ein literarisches Gegenstück zu Tarrantinos Filmen - stellenweise ziemlich brutal, mit schrägen Charakteren und einem zappendusteren Sinn für Humor. Nichts für zartbesaitete sensible Naturen mit großer bildlicher Vorstellungskraft, aber auch nicht ohne Sinnfragen und Tiefe, bei aller plakativer Gewalt, die hier reichlich vorkommt. Auch hier gibt es wieder reichlich Tokyo noir. Titelgeber Suzuki ist ein ehemaliger Lehrer, de