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Showing posts from April, 2022

Auf Freundschaft und Tod

 "Todesfall" - der Titel des norwegischen Kriminalromans von Randi Fuglehaug ist wörtlich zu nehmen. Denn es geht nicht nur um einen Todesfall (wenig überraschend in einem Krimi) - eine Frau kommr buchstäblich durch Fall zu Tode, nämlich bei einem Fallschirmsürung. Vier verschworene Freundinnen, die nicht nur das gemeinsame Hobby verbindet, wollten sich mit ihrem Sprung in Trachtenkostüm an dem Extresportfestival in ihrem westnorwegischen Heimatort Voss beteiligen. Doch nur drei von ihnen kommen heil am Boden an. Die Journalistin Agnes Tveit, erst vot kurzem aus der Hauptstadt nach Voss zur dortigen Zeitung zurückgekehrt, gehört zu den Augenzeugnnen und berichtet über den Vorfall. Was zunächst noch wie ein tragischer Unfall aussah, entpuppt sich als Mord: Sämtliche Schnüre an dem Fallschirm wie auch am Reserveschirm waren durchtrennt worden. Die Springerin hatte nie eine Chance gehabt. Wer hatte ein Interesse an dem Tod der jungen Mutter? Agnes Tveit klemmt sich hartnäckig hi

Tod eines Arztes - "Tiefes, dunkles Blau"

 Sie ist 37 Jahre alt und hört die biologische Uhr ticken. Nach einer kürzlich gescheiterten Beziehung - der Ex teilte ihren Kinderwunsch nicht - sieht sich die Züricher Seepolizistin Rosa Zambrano ein wenig am Scheideweg. In ihrem Beruf, an dem sie sehr hängt, sind Schwangerschaft und Dienst unvereinbar, schon wegen der regelmäßigen Tauchgänge. Babybauch, Neoprenanzug und Unterwasserdruck - das passt nicht. Gleichzeitig wird die Sehnsucht nach Nachwuchs immer größer. Eingefrorene Eizellen sollen Zeit für eine Entscheidung schenken. Doch ausgerechnet der Arzt der Kinderwunschpraxis, bei dem Rosa in Behandlung war, wird tot aus dem See gezogen, mit Drogen im Blut. Ein Unfall im Rausch oder ein Verbrechen? Mit ihrem Kriminalroman "Tiefes, dunkles Blau" setzt die Schweizer Autorin Seraina Kobler schon mit dem Titel den Akkord, denn die Faszination des Wassers ist wie ein roter (oder vielmehr blauer?) Faden, der sich durch das Buch zieht. Immer wieder gibt es bildhafte Bechreibun

Queer in Tel Aviv

  Israel ist das LGBTQI-freundlichste und toleranteste Land des Nahen Ostens (was an sich keine Kunst ist angesichts der homophoben Gesetzgebungen und Gesellschaften in den Nachbarländern) - in der Küstenmetropole Tel Aviv ist das unübersehbar. Wer schon einmal da war, weiß, dass Regenbogenfahnen an Fensterrahmen und Balkons weit verbreitet sind, Fächer, Fähnchen und andere Souveniers  in Regenbogenfarben von Straßenhändlern feilgeboten werden und auch außerhalb der Szene-Bars Restaurants, Hotels und Cafés um queeres Publikum werben. Mit "Der letzte Schrei" hat der israelische Autor Yonatan Sagiv nun auch den passenden (Kriminal-)roman aus der queeren Szene Tel Avivs mit viel Lokalkolorit geschrieben. Doch auch hier gilt: Einerseits selbstbewusstes Schwul-lesbisches und sonstig queeres Leben, doch andererseits ist es nicht so einfach. Nicht nur wegen der Zersplitterung der Szene in immer mehr Communities, nicht wegen der wehselseitigen Vorurteile, etwa Lesben gegen Transen ge

Auftragskiller (fast) unter sich

 Irrwitzige Dialoge wenn Auftragskiller über Leben und Tod philosophieren, Leichen und verschwundene Koffer, und das alles an Bord eines japanischen Hochgeschwindigkeitszuges: Mit "Bullet Train" hat Kotaro Isaka einen ungewöhnlichen, aber ausgesprochen lesenswerten Thriller geschrieben. Ähnlich wie sein koreanischer Autorenkollegen Un-Su Kim  bringt Isaka eine Prise Tarrantino in einen Roman aus Fernost, allerdings mit einem ganz anderen Schreibstil, wenn es auch in beiden Romanen um Menschen geht, die in der organisierten Kriminalität zu Hause sind. Schon die knappa Inhaltsbeschreibung macht klar: Hier geht es rasant zu: Ein Zug. Fünf Killer. Und ein Koffer voller Geld. Da ist ja eigentlich schon einmal klar, dass es Tote gibt, und ebesno, dass die Entsorgung von Leichen in einem fahrenden Hochgeschwindigkeitszug eine Herausforderung darstellt. Man will ja nicht auffallen. Manches Detail des Plots bleibt bis zum Ende ungeklärt, das ist aber auch egal - bei so viel adrenaling

Transfrau gegen Racheengel - Schräger Krimi führt in die bayrische Provinz

 Transfrau Vicki Victoria steht nicht nur fest im Leben, sie bewältigt es auch auf Stiletto-Absätzen - egal ob sie als V-Frau der Münchner Polizei unterwegs ist oder als Unterhaltungskünstlerin. Doch nun droht Ungemach in der Münchner Dachgeschosswohnung, wo Vicki sich nach einer eher freudlosen Jugend in der niederbayrischen Provinz neu erfinden konnte. Denn Toni Besenwiesler, der sie in der Schule, damals noch äußerlich ein Junge, grausam drangsalierte, ist aus dem Gefängnis ausgebrochen - und er schwört Vicki Rache. Sie, so glaubt er, hat dafür gesorgt, dass er einen Mord verurteilt wurde, den er nicht begangen hat. Ich-Erzählerin Vicki, die Protagonistin in Gloria Grays schräg-ironischem Cozy Krimi "Zurück nach Übertreibling" weiß: Mit dem Besenwiesler Toni kann man nicht diskutieren. Bleibt also nur die Flucht, doch schon das Treffen mit Clan-Chef Ahmet, mit dem der Geflohene ebenfalls eine Rechnung offen hat, endet exklusiv. Und dann wird auch noch die befreundete Nachb

Toter Highlander, sterbende Zeitungen und eine Gesellschaft in Aufruhr . Das Grab in den Highlands

 Ziemlich viele Themen bringt Douglas Skelton in seinem Buch "Das Grab in den Highlands" um die schottische Reporterin Rebecca Connolly zusammen: Leichen in historischer Tracht an historischen Orten, Rechtpopulisten, ein Stadtteil, der sich gegen den Zuzug eines verurteilten Sexualstraftäters stellt, organisierte Kriminalität, toxische Männlichkeit,  Machokultur und der Niedergang der Zeitungskultur. Das ist dann auch bei 432 Seiten Länge mitunter etwas viel, um allen Themen gerecht zu werden und am Ende stiften einige Details eher zusätzliche Verwirrung als sich in den Plot einzufügen, lenken im Gegenteil von den tatsächlichen Hintergründen ab. Auf dem historischen Schlachtfeld Culloden wird die Leiche eines unbekannten Mannes gefunden, in Highlander-Tracht, durchbohrt von einem Highlander-Schwert. Reporterin Rebecca stößt eigentlich nur auf den Fall, weil sie Chauffeursdienste für den befreundeten Fotografen Chaz leistet - die beiden berichteten eigenttlich von einer Kundge

Freundschaft unter Segeln

 Subtile Spannung, gerade auch psychologish, und ein Drama, das sich erst nach und nach entfaltet: Michael Wirbitzkys Hörbuch "Acht, in Böen neun" ist mit einer Länge von 138  Minuten zwar kaum länger als ein Kinofilm, aber in dieser Zeit baut sich eine Menge auf. Das liegt sicher auch an den gleich vier Sprecherinnen und Sprecher - dadurch erinnert das Buch eher an ein Hörspiel. Allerdings ein Kammerspiel, denn die Handlung entschlüsselt sich aus einer Reihe von Monologen, Protokollen einer Polizeibefragung einer Gruppe von Freunden, die gemeinsam zu einem Segelurlaub nach Korsika aufgebrochen sind.  Die meisten Mitglieder des Segeltörns kennen sich seit 20 Jahren, sind immer wieder zusammen gesegelt, wenn auch in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Diesmal musste die Rückkehr in den südfranzöischen Hafen zur Rückgabe der Charteryacht trotz einer Sturmwarnung über Nacht erfolgen, da die Gruppe auf Korsika Zeit vertrödelt hatte. Dass dabei etwas gewaltig schief lief, wird sc

Mord im Kloster

 Eine Auszeit im Kloster gegen Bürnout oder zur Sinnsuche - das erfreut sich zunehmender Beliebtheit, vor allem, wenn es nicht mit den Gelübden von Armut, Keuschheit und Gehorsam verbunden ist. In Eva Almstädts "Ostseekreuz" sucht auch ihre Serienheldin Pia Korittki hinter Klostermauern inneren Frieden. Sie  ist im 17. Band der Reihe um die Lübecker Ermittlerin zwar nicht ausgebrannt, wohl aber traumatisiert von den Folgen einer Entführung, in der die Kommissarin selbst das Opfer war. Zudem schwebt sie noch immer in Gefahr, ist der Täter doch immer noch hinter ihr her und bedroht auch ihren sechsjährigen Sohn. Klar, dass es in einem Krimi eher nichts mit der inneren Einkehr wird. Zum einen sucht in einem zweiten Erzählstrang  Pias Kollege und Liebhaber Marten als Zielfahnder nach dem Entführer - da kommt es durchaus zu Action-Szenen. Zum anderen  ist auch das Kloster in Ostseenähe trotz aller Abgeschiedenheit nicht der ersehnte Ort des Friedens.  Die anderen Klostergäste habe

Manchmal gibt es nur Opfer

 Vor in paar Jahren bin ich erstmals auf die Spreewaldkrimis von Christiane Dieckerhoff gestoßen und fand die Hauptfigur Klaudia Wagner gleich sympathisch. Die spröde Einzelgängerin, die es aus dem Ruhrpott in den Spreewald verschlagen hat (und nicht, wie in so vielen anderen Regionalkrimis, an die Nordsee), nicht mehr ganz jung, trotz aller Erfahrung nicht abgeklärt, unterscheidet sich angenehm von Superheld*innen - bodenständig und glaubwürdig eben, mit all ihren Unsicherheiten und "Altlasten". Um emotionale Altlasten und und die Folgen einer deutsch-deutschen Geschichte geht es auch im neuesten Spreewaldkrimi, "Verlassen". Eine offensichtlich wohlhabende Touristin aus Dortmund ist verschwunden, ihre erwachsenen Kinder melden sie als vermisst. Zuletzt wurde die Frau gesehen, als sie betrunken Richtung Hafen torkelte. Ein Förster findet später ihre Leiche. Auf einer zweiten Erzähl- und Zeitebene geht es um Männi und Matte, zwei Geschwister in der damaligen DDR, off

Und noch ein cozy Urlaubskrimi - diesmal auf Usedom

 Die Strandkorbsaison kann kommen: Mit Frauke Scheunemanns Cozy Krimi "Der Tote im Netz" haben auch Ostsee-Liebhaber den passenden leichten Lesestoff mit einer Mischung aus (nicht zu viel) Spannung und Unterhaltung. Wobei das Realistische ziemlich oft auf der Strecke bleibt, das zur Warnung an alle Liebhaber*innen von Krimis wie aus dem richtigen Leben vorneweg. Als ihr designierter Interviewpartner tot in einem Fischernetz im Hafen von Peenemünde gefunden wird, wittert Lokalreporterin Franzi vom örtlichen Privatsender den großen Knüller. Während der Sender gerade vor einer Übernahme steht, könnten die Arbeitsplätze der Redakteure, allen voran ihr eigener, doch gesichert bleiben, wenn sie nah dran bleibt an den Ermittlungen und sie für eine true crime-Reportage begleitet... Der ermittelnde Hauptkommissar ist davon weniger erfreut, kommt aber nicht wirklich gegen Franzis rheinländisches Temperament an. Schnell fällt der Verdacht auf Tierschützer, die gegen den toten Fischer de

Gute-Laune Urlaubskrimi - Willkommen in St Peter (M)Ording

 Mord im Norden, zwischen Watt und Nordseedeich - das passt für viele Krimi-Leser immer. Mit "Willkommen in St. Peter-(M)Ording" hat nun Tanja Janz den Auftakt einer neuen Reihe vorgelegt, der vor allem die Fans von Cozy-Krimis begeistern dürfte. Wer Nervenflattern, Psychosen und reichlich Blut und Gewalt braucht, ist hier fehl am Platz. Als Urlaubslektüre im Strandkorb - oder in der heimischen Leseecke vom Nordseeurlaub träumend - sind die Ermittlungen des gemütlichen Polizisten Ernie Feddersen und seines aus dem Ruhrpott stammenden Kollegen Fred Galotke, der sich ein bißchen als Schimanski des Nordens gibt, genau das Richtige. Mit Umweltschutz, den Auswirkungen von Massentourismus und Geldgier ist sogar noch ein bißchen sanft verpackte Gesellschaftskritik drin. Der Tod eines Architekten, der mitten in den Dünen ein großes Hotel bauen wollte, beschäftigt nicht nur die beiden Küstenpolizisten. Auch Ernies Schwester Ilva und ihre Freundin Ute  mischen sich als Hobbydetektivinn

Familiengeheimnisse und toxische Beziehungen

  Man muss schon ein bißchen dabei bleiben bei der Lektüre von "Team Helsinki" von A. M. Ollikainen, einem schreiben Ehepaar. Denn in dem finnischen Krimi um den Fund einer Leiche in einem Container wechseln die Zeit- und Erzählperspektiven - dabei führen die Autoren ihre Leser durchaus auch auf manche falsche Fährte. In der Schlussphase des Buches gibt es dafür auch klärende Aha-Momente. Zerrissene, disfunktionale Familien, in denen Geheimnisse ausgeschwiegen werden, Alkohol- und Drogenmissbrauch - es ist durchaus skandinavisch-düster in diesem Auftakt einer Reihe um die Kriminalbeamtin Paula, die gerne mal zu Alleingängen neigt und manche Schnellentscheidung später bedauert - was sie allerding auch menschlich macht. In "Die Tote im Container" ermitteln Paula und ihre Kollegen im Umkreis einer Unternehmer- und Mäzenatenfamilie, nachdem in einem deren Firma gehörenden Container die Leiche einer toten Frau aus Namibia gefrunden wurde. Der Container, in den Wasser ein