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Showing posts from August, 2022

Beutekunst-Krimi: Das neunte Gemälde

 Vergangenheitsbewältigung in der Kunstszene und in der eigenen Familiengeschichte: Eigentlich hat der Kunstsachverständige, Lennard Lomberg nach seinem Abschied vom traditionsreichen britischen Auktionshaus Christie´s Gastprofessor in seiner Geburtsstadt Bonn mit dem Thema NS-Raubkunst längst abgeschlossen. Zwar behandelte seine Doktorarbeit die moralischen, rechtlichen und kunsthistorischen Zusammenhänge, aber das ist mehr als 20 Jahre her. Seitdem hat er längst einen britischen (Doppel-)Pass und keinerlei Absichten, sich dem konfliktbeladenen Thema wieder zuzuwenden. Bis er erst einen Anruf von einem ihm völlig unbekannten Mann erhält, der ihn zu einem diskreten Treffen im Zusammenhang mit der angestrebten Rückgabe eines Gemäldes mit problematischer Provenient bittet. Als der Anrufer wenig später tot in einem Hotel gefunden wird, gerät Lomberg vorübergehend unter Mordverdacht. Der ist zwar schnell entschärft und der Kontakt zu einer kunstsinnigen BKA-Ermittlerin gestaltet sich sogar

Detroit Noir - ein Ex-Polizist schützt seinen Kiez

 Das Warten hat sich gelohnt: Mit Princess Margarita Illegal hat Stephen Mack Jones einen weiteren Roman um den Ex-Marine und Ex-Polizisten August Snow geschrieben, und wieder bildet Mexicantown in Detroit den Schauplatz eines spannenden Krimis mit Düsternis und Strahlkraft gleichermaßen. Seit er erfolgreich gegen die Stadt Detroit geklagt hat, ist Snow nicht mehr auf Arbeit angewiesen.  Statt sich auf seinen Millionen auszuruhen und ein süßes Leben zu genießen, ist er ein Philantrop der ungewöhnlichen Sorte und stemmt sich dem Verfall seiner Heimatstadt entgegen, die sich seit dem Niedergang der Automobilindustrie in einer Abwärtsspirale bewegt. Snow, Sohn eines schwarzen Vaters und einer mexikanischen Mutter, ist in das Viertel seiner Kindheit zurückgezogen und hat nicht nur sein Elternhaus restauriert, sondern auch Häuser in der Nachbarschaft aufgekauft, hergerichtet und ist als sozialer Vermieter auch ein bißchen Sozialarbeiter. Doch dann sind seine Ermittlerfähigkeiten wieder gefr

Eine Gattin verschwindet

 Wer sich bei Cay Rademachers "Die Passage nach Maskat" an ein Crossover von Babylon Berlin und Tod auf dem Nil erinnert fühlt, liegt nicht völlig falsch, spielt die Handlung doch in den 20-er Jahren und auf einem Schiff, dass von Marseille aus in den Nahen Osten und dann weiter nach Yokohama und Schanghai aufbricht. Mit dabei: Der Fotoreporter Theodor Jung, der für eine Berliner Illustrierte den Auftrag ergattert hat, über die Reise der "Champollion" zu berichten. Andernfalls hätte er Probleme gehabt, sich mit Ehefrau Dora der Reise der Schwiegerfamlie nach Maskat anzuschließen.  Der Schwiegervater, ein Hamburger Kaufmann, macht keinen Hehl daraus, dass er mit dem Beruf seines Schwiegersohns nicht einverstanden ist und sich etwas "Besseres" für seine Tochter gewünscht hätte. Etwa seinen Prokuristen Lüttgen, der ebenfalls zur Reisegesellschaft gehört? Die Ehe von Theodor und Dora kriselt schon seit geraumer Zeit, er hofft, dass es auf der Schiffsreise wied

Eine Kleinstadt und ein verschwundener Junge

 Ein entführtes Kind, eine Mutter, die angesichts der Unsicherheit und Angst in einen Abgrund von Alkohol und Sex taumelt, ein Kleinstadt-Sheriff, der den Stillstand der Ermittlungen immer mehr als persönliches Scheitern erlebt: Mit "Was auf das Ende folgt" zeigt Chris Whitaker einmal mehr Abgründe und Untiefen amerikanischen Kleinstadtlebens. Ich hatte bereits sein Buch "Von hier bis zum Anfang" gelesen und war davon begeistert gewesen. Da stand es für mich sofort fest, auch dieses Buch lesen zu wollen, dessen Titel sogar eine gewisse Fortsetzung impliziert. Hier ging ich allerdings der Übersetzung in die Falle - Im Original heißt das Buch "Tall Oaks" und ist Whitakers Debütroman. Was vielleicht auch eine Erklärung dafür ist, dass mir das Buch zwar wirklich gut gefiel, aber nicht ganz so grandion ist wie "Von hier bis zum Anfang". Ein Autor muss sich schließlich auch entwickeln. In seinem Buch über die teils dramatischen, teils komischen Gescheh

Traumurlaub wird zur Lebenskrise

  Es könnte so schön sein: Eine Traumvilla in Südfrankreich in malerischer Umgebung, zusammen mit den drei besten Freundinnen aus Studientagen plus Familien. Doch für die Engländerin Kate ist das traute Zusammensein vergällt, seit sie eine zufällig einen Chat auf dem Handy von Ehemann Sean liest. Er hat offensichtlich Geheimnisse vor ihr, die mit einer Frau mit dem Pseudonym Coral Girl zu tun haben. Für Kate ergibt sich nur eine logische Schlussfolgerung: Ihr Mann hat eine Affäre. Und der Chat legt nahe, dass es sich nur um eine ihrer drei besten Freundinnen handeln kann. Das macht den Vertrauensbruch nur noch schlimmer. Doch wer kann es sein? Die ehrgeizige Unternehmerin, deren Mann Kate anvertraut, er befürchte, sie habe eine Affäre? Jennifer, die mit Sean zusammen war, als Kate ihn kennenlernte? Oder Weltenbummlerin Izzy, die wie er aus Irland stammte und mit ihm einst die Schule besuchte? Die Angst um ihre Ehe ist nicht das Einzige, das Kate auf die Urlaubsstimmung drückt. Ihre

Gift, Musik und Oligarchen

 Es gibt schon so viele Bücher um den kunstsinnigen israelischen Agenten und Mossad-Chef Gabriel Allon - da könnte man davon ausgehen, dass Autor Daniel Silva irgendwann die Ideen ausgehen. Doch weit gefehlt - "Die Cellistin" weckt angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage  Erinnerungen an reale Ereignisse, wenn es etwa um Giftmorde an Ex-Agenten oder sonstigen dem Kreml missliebigen Menschen geht.  Die Verwicklungen russischer Oligarchen in die Politik, die Sicherheitsdienste und ins Organisierte Verbrechen - darüber gibt es non-Fiction-Bücher voll beunruhigender Schilderungen. Das Szenario von "Die Cellistin" wirkt daher ziemlich lebensnah. Und auch die Entwicklung in den USA mit dem Auftrieb der extremen Rechten während der Trump-Präsidentschaft ist leider kein Fantasieprodukt Silvas. Dabei will sich Gabriel Allon, nicht mehr der Jüngste und nach langer Geheimdienstlaufbahn doch eigentlich vor allem der Kunst und der Familie widmen, die in seinem Agentenleben

Der Krieger aus dem Weißen Haus

 Die Clintons schreiben weiter: Nachdem Ehefrau Hillary nun auch unter die Krimi-Autoren gegangen ist, hat Bill Clinton mit seinem Co-Autor James Patterson nachgelegt: "Die Tochter des Präsidenten" Ist der zweite Krim des Gespanns, der deutlich weniger auf Polit-Thriller geschrieben ist als der erste Roman und aus meiner Sicht stellenweise ein bißchen zu einfach gestrickt ist. Auch ist der Präsident, um den es hier geht, ein anderer  und hat das Weiße Haus bereits verlassen. Matthew Keating ist ehemaliger Navy Seal mit kaputter Hüfte, aber das hindert ihn nicht, auf einen Rachefeldzug zu gehen, als seine Tochter entführt wird. Die dabei angedeutete eher einsame Kindheit im Weißen Haus, der unfreiwillige Umgang mit der Berühmtheit der Eltern, die Eliteschule und der Medienspott über die Brillenträgerin - in die Beschreibung von Präsidententochter Mel und ihrem Wunsch nach Normalität lässt sich auch ein wenig erahnen, wie Bill Clinton sich als Vater gefühlt haben mag, wenn in K

Ostfriesisches Finale wird einmal mehr zur Ann Kathrin Klaasen-Show

 Mit dem ostfriesischen Finale endete die Triologie um die Undercover-Mission des ostfriesischen Kleinstadtpolizisten Rupert als Drogenboss Federico, samt "Mietehefrau", die sowohl Bodyguard- als auch Callgirl-Qualitäten hat. Für Rupert, den Möchtegern-Frauenhelden, eine rundum erfreuliche Sache, jedenfalls, nachdem er den vegetarischen Weinexperten Federico vorsichtig zum currywurstfutternden Biertrinker umstylen konnte, ohne dass dessen Kumpane sich darüber wunderten. Das war bereits Thema der ersten beiden Bände, nun geht es im Ostfriesen-Spin Off von Klaus Peter Wolf darum, verschiedene Erzählstränge zusammenzuführen - der totgeglaubte Federico taucht ebenso wieder auf wie der psychopathische Serienkiller "Geier" und der eher ethisch veranlagte Serienmörder Doktor Sommerfeld. Das kann schon mal konfus werden. Schon bei den beiden vorangegangen Bänden hatte ich gemischte Gefühle - der Eindruck bleibt auch am Ende des Finales. Denn einerseits ist es eine witzige I