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Showing posts from 2022

Exzentrische Frauen, vielleicht auch Mörderinnen

 Mit "Tea Time" ist Ingrid Noll irgendwie zu ihren Anfängen zurückgekehrt: Was "Die Apothekerin" einer ihrer frühen Erfolge, ist die Ich-Erzählerin Nina als Apothekenhelferin in der gleichen Branche. Die junge Frau aus einer Kleinstadt an der Bergstraße pflegt ihre Spleens - ebenso wie ihre fünf Mitstreiterinnen aus dem "Club der Spinnerinnen". Ninas Freundin Franzi etwa kämmt mit Vorliebe Teppiche, Supermarktkassiererin Jelena deutet Wolkenbilder und die Lehrerin Corinna steigt als Voyeurin in fremde Gärten ein. Nina wiederum fotografiert mit Vorliebe Unkräuter, wickelt sich im Bett in einen dichten Kokon - eine für die Partnersuche eher hinderliche Angewohnheit und entwickelt im Laufe des Buches eine leichte kleptomanische Ader. Es wäre kein Ingrid Noll-Kriminalroman, wenn nicht auch mörderische Instinkte und unangenehme Männer zur Handlung gehörten. Der unangenehme Mann heißt in diesem Fall Andreas Haase, ist der Ex von Jelena und der Vater ihrer kleine

Hulda Gold und ihre persönlichste Herausforderung

 Um Verbrechen geht es in Anne Sterns Büchern um die patente Hebamme Hulda Gold im Berlin der Weimarer Republik immer eher am Rande - im Mittelpunkt steht die junge Frau auf der Suche nach Selbstverwirklichung, aber auch nach Liebe und Anerkennung. Forsch, aufgeweckt und engagiert geht es der jungen Hebamme immer auch darum, das Schicksal der ihr anvertrauten Wöchenrinnen zu verbessern. Dabei geht  es immer auch um Frauenrechte und die Forderung nach Gleichheit, auch wenn Hulda nicht als entschiedene Feministin auftritt - als "Sonntagsfeministin" bezeichnet sie sich im Gespräch mit ihrer Freundin Greta, einer kommunistischen Armenärzten. Im nunmehr fünften Band der Serie steht Hulda vor ihrer persönlichsten Herausforderun: Sie ist schwanger, und angesichts des Unfalltod ihres Verlobten auf sich gestellt. Die Eltern des Kindsvaters, die die Beziehung missbilligt hatten, sind keine Hilfe.  Ihren Posten als Hebamme in der Frauenklinik musste sie aufgeben. Glück im Unglück: Greta

Zwischen Scheidung und Mordermittlung in der bayrischen Provinz

  Es muss schon Spaß machen - oder sollte ich schreiben: Es miast scho a Gaudi sein - "Herzschuss" von Andreas Föhr zu lesen. Als Hörbuch, gesprochen von Michael Schwarzmeier mit eindeutig bajuwarischer Lautfärbung ist der Cozy Krimi aus dem bayrischen Miesbach aber noch mal ein besonderes Schmankerl und ein klarer Ohrenschmaus. Für Nordlichter eine Beruhigung: Auch wer nördlich des Weißwurstäquators aufgewachsen ist, wird hier ohne Übersetzungs-App klar kommen. Dass es sich bei den Kriminalromanem um den Miesbacher Kommissar Wallner um eine Serie handelt, habe ich beim Nachlesen festgestellt. Erfreulicherweise ist es aber überhaupt nicht notwendig, bereits mit den Protagon die Vnisten vertraut zu sein und ihre Lebensgeschichten und Beziehungsgeflechte zu kennen. Nach meiner ersten Begegnung mit Wallner, seinem hochbetagten und schlitzohrigem Opa Manfred und dem nichr weniger ausgebufften Polizisten Kreuthner kann ich mir aber gut vorstellen, dass Föhr eine solide Fanbasis ha

guter plot, unglaubwürdige Hauptfigur

  Der Finnland-Krimi "Die Kälte der Wahrheit" von Leena Lehtolainen lässt mich mich zwiespältigen Gefühlen zurück. Einerseits gefällt mir die Beschreibung der Landschaft im hohen Norden Finnlands, die Tatsache, dass in der großen Weite gleichwohl ein Plot wartet, der an ein Locked Room-Szenario erinnert. Ein Plot, der zudem spannend ist und für einige Wendungen und Überraschungen sorgt, dabei den Spannungsbogen gekonnt hält. Die Beschreibung eines kleinen aber ultrafeinen Luxushotels mit innovativer Architektur und großer Geheimhaltung liefert ein reizvolles Szenario, und obendrein gibt es Verstrickungen zu russischen Kreisen, wo Legales und Illegales gleitend ineinander übergehen. So weit das Positive. Allerdings hat die Autorin mit der Figur der Leibwächterin Hilja wirklich übertrieben. Ich habe es ja schon wiederholt in anderen Postings geschrieben: Ich kann mich einfach nicht dafür erwärmen, wenn die Hauptfigur die Mutter (oder der Vater) aller Schmerzen ist, vom Schicksa

Tödlicher Lover aus dem Netz

 Love kills, das sang schon Freddy Mercury. In "Wir zerstören dich" von Peter James stehen finanzieller Ruin oder gar ein grausamer Tod an der Stelle der erhofften Liebe. Detective Superintendent Roy Grace ermittekt zu einem angeblichen Suizid, der bei näherem Hinsehen aber Verdacht erregt. Denn die wohlhabende ältere Witwe, die erhängt in ihrer Wohnung gefunden wurde, hatte über eine Online Dating-Agentur einen neuen Partner gesucht - und vermeintlich gefunden. Bis erste Geldwünsche geäußert wurden und die misstrauisch gewordene Frau Bilder ihres Online-Lovers durch eine Suchmaschine laufen ließ. Das Ergebnis: Unbekannte haben die Identität beziehungsweise Profilfotos eines Motivationsredners gestohlen, der ganz bestimmt keine Frau sucht, ist er doch glücklich mit seinem Ehemann verheiratet. Untersuchungen im Umfeld der Toten ergeben: Die Münchner Polizei ermittelt gerade zum Tod ihrer Schwester, die aus ihrem Fenster gestürzt wurde. Auch sie hatte über eine Online-Agentur e

Ermittlungen auf Bornholm

 Die Romane von Katrine Engberg gehören zu den Büchern, die man als Freund gut geschriebener skandieinen navischer Krimikost eigentlich unbesehen kaufen kann: Athmosphärisch dicht, nordisch-klar und mitunter unterkühlt, gut beobachtend, mit schlüssigen und komplexen Figuren. Zudem steht mit dem Ermittlerduo Annetter Werner und Jeppe Korner ein glaubwürdiges und überzeugende Paar Protagonisten bereit, das seit dem ersten Band der Serie eine Entwicklung durchlaufen konnte und alles andere als statisch ist. So auch in "Wintersonne", dem neuen Band der Kopenhagen-Serie, die gleich zwei Besonderheiten aufweist. Denn zum einen spielt der größte Teil der Handlungen auf Bornholm. Zum anderen ermittelt Annette Werner erstmals alleine. Jeppe Korner hat nach dem Abbruch der komplizierten Beziehung zu seiner Kollegin Sara - die er gleichwohl noch liebt - eine Auszeit genommen. Weg aus Kopenhagen, weg vom Polizistenleben. Er arbeitet vorübergehend als Holzfäller - ausgerechnet auf Bornhol

Kriminelles Syndikat in der Weimarer Republik

 Historische Kriminalromane aus dem Berlin der 1920-er und frühen 30-er Jahre trenden - nicht zuletzt dank der TV-Serie Babylon Berlin. In dieser Zeit spielt auch "Blutiger Schnee" von Michael Jensen, in dem es um eine Berliner Familie und ihr kriminelles Syndikat gilt. Manches, was Leser der Gideon Rath-Reihe kennen, taucht wieder auf - die Ringvereine etwa, historische Figuren wie der Kommissar Gennat und natürlich das politische Klima einer zerrissenen Zeit. Familie Sass will im Opiumhandel mitmischen, mit chinesischen Kontaktleuten wird eine Handelsroute aufgebaut, doch die Aktion droht zum Verlustgeschäft zu werden, da die Schmuggeltransporte immer wieder überfallen werden. Amerikanische Gangster sind aufmerksam geworden auf das, was sich an der Spree so tut und wollen mitmischen beziehungsweise das Geschäft mit Opium und Heroin in die Staaten holen. Und Dutch Schultzund die Vertreter der kosher nostra haben ganz andere Methoden, als sie der Sass-Clan im vergleichsweise

Biznes, Ambitionen, Talmud-Weisheiten - Der Rabbi ermittelt weiter

 Er kann es nicht lassen: Rabbiner Henry Silberbaum aus Frankfurt wirft als Hobbydetektiv einmal mehr Einblicke in die Abgründe seiner Gemeinde. Diesmal geht es um Galina Gurewitz, die spurlos verschwunden ist. Ihr 30 Jahre älterer Ehemann Semjon, der als "Biznesmen" auf etwas undurchsichtige Weise zu Reichtum gekommen ist, hat allerdings keine Vermisstenanzeige erstattet und gibt sich auf Nachfragen eher schroff.  Galinas Mutter scheint nach ersten Sorgen ebenfalls seltsam gleichgültig und macht keinen Druck mehr, die Verschwundene zu suchen. Doch da hat sie die Rechnung ohne Rabbi Silberbaum gemacht! Zusammen mit seinem Freund Kommissar Berking von der Frankfurter Polizei kann er es nicht lassen, auch im zweiten Band von Michel Bergmanns Reihe "Der Rabbi und der Kommissar" zu ermitteln. Diesmal heißt es:"Du sollst nicht begehren" - und wenn Bergmann sich an den zehn Geboten orientiert, dürfte es für die Beiden noch einiges zu tun geben. Motive für ein ni

Albtraum unter Freunden

Es ist Silvester, und fast alles wie immer bei den befreundeten Ehepaaren Lollo und Max, Frederik und Nina. Wie jedes Jahr verbringen sie die letzte Nacht des Jahres zusammen, auch wenn sie sich im Grunde auseinandergelebt haben und nicht mehr viel zu sagen haben. Doch insbesondere die jahrzehntelange Freundschaft der Frauen, Lollo, Nina und Malena scheint der Kitt zu sein, der zumindest zweimal im Jahr das Grüppchen zusammenhält, Silvester eben und Mittsommernacht. Das ist der Ausgangspunkt von Malin Stehns Psychothriller "Happy New Year" Diesmal allerdings verlässt Nina ihr Zuhause mit gemischten Gefühlen, denn die großem Töchter feiern dort erstmal alleine eine Party, und Nina traut Lollos Tochter Jennifer nicht so recht über den Weg, die schon immer das Risiko liebte und das eigene Kind, wie sie fand, auf falsche Gedanken brachte.   Die Silvesterparty im Haus des wohlhabenden Immobilienmaklers Max und seiner statusbewussten Frau Lollo ist für Fredrik nur mit viel Alkohol

Nichts ist, wie es scheint

 Taifun Coban ist ein Spezialist des LKA Kiel und kennt sich insbesondere mit der Idenitfizierung unbekannter Toter aus. So landet er auch im Dorf Harmsbüttel, wo ein unbekannter Toter in einer Baugrube gefunden ist. Sein Ansprechpartner vor Ort ist der Dorfpolizist Wernersen - und die Zusammenarbeit zunächst mal gewöhnungsbedürftig: Coban findet den Beamten schlafend auf seiner Terasse statt auf dem Revier, Besprechungen finden gerne im Wohnzimmer der Wernersens statt, sprich: die professionelle Haltung lässt zu wünschen übrig. Doch nicht nur die. Wernersen neigt zu rassistischen Bemerkungen, schert Türken und Araber über einen Kamm und reagiert erst einmal befremdet auf seinen türkeistämmigen Kollegen. Erfreulicher ist die Zusammenarbeit mit der Kollegin Fanta Braun, wobei die humorvolle Frau Coban fast zu gut gefällt, schließlich ist sie verheiratet. Allmählich wird deutlich, dass der Tote im Zusammenhang mit einem Jahre zurückliegenden Fall zu tun haben könnte. Damals kam bei einem

Dichter, Trinker und Destillen

 Der Titel "Ein Schuss Whiskey" macht klar - Carsten Sebastian Henns dritter kulinarischer Kriminalroman spielt auf der grünen Insel, Irland. Dazu hätte es nocht nicht einmal das Kleeblatt  auf der Coverseite gebraucht. Schließlich wird in Irland bekanntlich Whiskey gebrannt - mit einem e-Unterschied etwa zum schottischen Whisky. Um die Konkurrenz zwischen Iren und Schotten in Sachen Hochprozentiges, um die immer bösen Engländer und die Rolle des Whiskeys für die irische Seele geht es hier denn auch - unter anderem. Denn daneben steht eine andere irische Spezialität im Mittelpunkt, nämlich Dichtung und Schriftstellerei. Und natürlich der eine oder andere Mord. Janus Rosner sucht in Dublin Inspiration. Er will einen Kriminalroman schreiben, doch er leidet unter einer Schreibblockade. Dagegen sollte Whiskey helfen, viel Whiskey. In vino veritas, und im Rausch vielleicht die zündende Idee für den Roman? Zwischen trunkenen Dialogen glaubt Janus zu halluzinieren, als er eine wunde

Totgeglaubte leben länger

 Es mag Menschen geben, denen ist der Berliner Kriminalkommissar Gereon Rath nur als Hauptfigur der Fernsehserie "Babylon Berlin" ein Begriff ist. Bei der Lektüre von Volker Kutschers neuem Rath-Roman "Transatlantik" wären die vermutlich verwirrt. Nicht nur, weil im nunmehr neunten Band der Reihe bereits das Jahr 1937 angebrochen ist. Statt der späten Weimarer Republik werden in Nazi-Deutschland immer mehr Freiräume eingegrenzt. Für Charlotte Rath, die Frau des Kommissars, ein zunehmend unerträglicher Zustand - sie verabscheut die Nationalsozialisten. Und anders als in der Fernsehserie ist sie nicht Proletarierkind und Gelegenheitsprostituierte, sondern eine preußische Beamtentochter, die im nationalsozialistischen Deutschland ihren Beruf als Juristin nicht länger ausüben kann. Doch auch Leser haben Vorteile, wenn sie die vorangegangenen Bücher, vor allem den unmittelbaren Vorgängerband "Olympia" kennen. Andernfalls wird es in dem komplexen Plot zunehmend

Queerfeindlicher Terror und psychologischer Tiefgang

 Der Anruf seines Kollegen und Arbeitspartners hätte für den finnischen Polizisten Henrik Oksmann zu gar keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können: Auf einen Nachtklub, der auch Treffpunkt der queeren Szene der Stadt Pori ist, ist ein Bombenanschlag verübt worden. Es gibt fünf Tote. Was Oksmann vor seinen Kollegen um jeden Preis verheimlichen will: Er war selbst in dem Klub, in Frauenkleidern, und er hat ihn offenbar nur kurz vor der Tat mit einem anderen Mann verlassen.  Mit dem Titel "Was wir verbergen" hat der finnische Autor Arttu Tuominen bereits das Leitmotiv gewählt. Unter der Oberfläche brodelt hier so manches Geheimnis, nicht nur Oksmanns Homosexualität. Fast alle Proagonisten haben etwas zu verbergen, sind gezeichnet von einer Vergangenheit voller Konflikte. Im Vorgängerband "Was wir verschweigen", war Oksmann noch ziemlich unsympathisch gezeichnet, ein Einzelgänger, dessen Verhalten an Zwangsstörungen erinnert und der seinem Kollegen Jari Paloviita, der

Tödliches Erbe

 Als Tatort-Kommissar Paul Brix jagt der Schauspieler Wolfram Koch Verbrecher in Frankfurt und Umgebung. Als Sprecher in Pierre Martins Hörbuch "Monsieur Le Comte und die Kunst des Tötens" tauscht er die Rolle. Denn Lucien Comte de Charcarasse, der Protagonist dieses Cozy Krimis, ist von Kind an zum Assasinen ausgebildet worden, sprich zum Auftragsmörder, ganz wie es der glorreichen Familientradition entspricht. Durch die Jahrhunderte hinweg töteten die de Chacassanes für Könige und Päpste, auch die de Medici gehörten laut der diskret gepflegten Familienlegende zu den Auftraggebern. Nur Lucien ist irgendwie aus der Art geschlagen, denn er kurvt lieber auf seiner Vespa die Cote Azur entlang, betreibt ein klienes Restaurant und ist überhaupt den schönen Dingen des Lebens zugetan. Geld ist schließlich kein Problem. Doch dann holt die Familienpflicht auch Lucien ein: Sein Vater wird bei einem gescheiterten Arbeitseinsatz angeschossen und schwer verletzt. Auf dem Sterbebett nimmt

Auftragskillerin unter Druck

 Hornclaw wird leicht übersehen - und das ist lebensgefährlich: Denn die zierliche ältere koreanische Dame und Protagonistin in Byeong-mo Gus "Frau mit Messer" ist seit 40 Jahren eine Auftragsmörderin. Wer "Die Plotter" gelesen hat, entdeckt einen verwandten Geist, freilich ist Hornclaw, die mit ihrem scharfen Messer tötet, eher eine Killerin des intelligenten Anpirschens und nicht der brachialen Gewalt. Dennoch wird ihre Lage mit zunehmendem Alter und schwindenden körperlichen Kräften allmählich prekär, zumal ein junger, aufstrebender und genussvoll brutaler "Kollege" ihr das Leben schwer macht un alles tut, um innerhalb der die Aufträge vergebenden "Agentur" ihrem Ruf zu schaden. Hornclaw, früh verwaist und vom Leben nicht gerade gut behandelt, ist eine Frau ohne Wurzeln und Bindungen, selbst ihrer Hündin, die ihr zugelaufen ist, begegnet sie mit Distanz - so kann ein Verlust sie nicht emotional treffen. Dass in ihrem Beruf alles, was als Schwä

Der Rabbi und der Kommissar

  Zugegeben, das erste Treffen von Rabbi Henry Silberbaum und Kommissar Robert Berking stand nicht unter dem besten Stern und wies so gar nicht auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft hin: Schließlich glaubte der Kommissar, zu nächtlicher Stunde endlich auf die Spur derjenigen gestoßen zu sein, die immer wieder den jüdischen Friedhof in Frankfurt mit Nazi-Schmierereien entweihen. Neim Anblick einer attraktiven Frau und ihres Begleiters vermutet er zwar erstmal ein morbides Rendez-vous, doch auch hier liegt der Ermittler daneben, während schon die Handschellen klicken:  Der Mann, der sich gegen all die Unterstellungen wehrt, ist tatsächlich Rabbiner der liberalen Gemeinde.  Was Silberbaum mit der Leiterin des jüdischen Altersheim anstellt, ist allerdings weder koscher noch halachisch, zeugt aber davon, dass er vor allem "a mensz" ist, verständnisvoll und buchstäblich unorthodox. Denn zu später Stunde sollte es zu einer Familienwiedervereinigung kommen, indem über dem Gra

Kunstprofessorin in fataler Situation

 "Dämmerung.Falsch" ist nicht nur der Buchtitel der schwedischen Autor*innen Tiina Nevala und Henrik Karlsson - es ist auch der Titel eines Gemäldes, Die Frage, ob es sich um ein unbekanntes Werk eines russischen Expressionisten handelt oder um eine Fälschung, beschäftigt die Polizei, seit das Bild bei den Ermittlungen zu einem Mordfall aufgetaucht ist. Die Ermittler holen sich professionelle Hilfe von der Kunstdozentin Nea Hallgren, die allerdings selbst Schwierigkeiten hat, sich festzulegen. Zudem hat Nea gerade reichlich private Sorgen: Ihr spielsüchtiger Ehemann ist rückfällig geworden und hat hohe Schulden bei der Art von Leuten, die nicht lange fackeln, um ihr Geld zurück zu bekommen. Nea kann zwar eine Gnadenfrist erreichen - doch nun ist sie diejenige, die für die Rückzahlung gerade stehen muss. Und nicht nur das, auch Sparmaßnahmen in der Kunstakademie gefährden ihren Job. Ihre begabte Studentin Nadeshda hat eine Idee, wie Nea ihre finanziellen Probleme mit einem Sch

Kampf für den Vater

 Mit seinem neuen Roman "Unschuld" hat sich Takis Würger weg von Semidokumentarischem und historischen Stoffen bewegt -  und das ist gut so. Denn auch wenn der Plot sich relativ vorhersehbar bewegt und sich die Überraschungsmomente in Grenzen halten, ist die Geshichte über eine junge Frau, die versucht, ihren Vater aus der Todeszelle zu retten und den Mordverdacht gegen ihn zu entkräften, durchaus unterhaltsam. Allerdings sind die Protagonisten durch möglichs klaffende Gegensätze doch recht plakativ geraten - hier Molly, die junge Frau aus dem Wohnwagenpark einer amerikanischen Kleinstadt, die schon mit ihrem Namen Rosedale für die Dominanz einer Unternehmerfamilie steht, da eben jene Familie, die ein Beweis dafür ist, dass Reichtum und Einfluss auch nicht glücklich machen.  Mollys Vater sitzt in der Todeszelle, und die Zeit bis zu seiner Hinrichtung tippt. Molly glaubt an  die Unschuld ihres Vaters, der als Mechaniker für die Rosedales gearbeitet hat und gestanden hat, deren

Der tote Bräutigam im Strandkorb

 Schon der Titel "Todesfalle Hochzeit in St. Peter-Ording" suggeriert: Der Start ins Eheglück steht in  Stefanie Schreibers Buch um die Kommissarin Charlotte Wiesinger und den Hausmeister und "Hilfssheriff" Torge Trulsen unter keinem guten Stern. Alle Festgäste samt Familie sind für die Hochzeit von Hotelerbin Constanze von Haferkamp erschienen, nur der Bräutigam fehlt. Er hat es sich nicht etwa in letzter Minute anders überlegt, sondern wird tot im Strandkorb gefunden, ausgerechnet von der Schwester der Braut, mit der er früher einmal liiert war. Hat die Sitzengelassene ein Motiv? Oder der Ex-Freund der Braut, der verdächtig schnell zum Trösten und in der Hoffnung auf eine zweite Chance an ihre Seite eilt? Warum hatte das Brautpaar kurz vor der Hochzeit so erbittert um den Ehevertrag gestritten?  Torgen Trulsen jedenfalls jubiliert - er ist den professionellen Ermittlern in diesem Cozy-Krimi zunächst einen Schritt voraus, schließlich ist er als erster auf den Vermi

Schottische Ungerechtigkeiten

 Mit "Das Unrecht von Inverness" hat Douglas Skelton erneut einen Highland-Krimi um die Reporterin Rebecca Connolly aus Inverness geschrieben, die ich erstmal bei "Grab in den Highlands" kennengelernt hatte. Auch hier gibt es wieder viel Schottland-Atmosphäre und so manchen Rückblick auf vergangene Clanstreitigkeiten und die Kämpfe zwischen den Hochlandschotten und den Engländern, die bekanntlich bis in die Gegenwart nachwirken. Rebecca Connolly hat hier mit einem Stalker aus der rechtsextremen Szene und der andauernden Feindseligkeit der Matriarchin eines kriminellen Clan zu tun, die ihr die Schuld am Tod eines ihrer Söhne gibt. Trotzdem findet sie die Energie, mit ihren Recherchen die Hintergründe eines möglichen Justizirrtums in Angriff zu nehmen: Seit nunmehr zehn Jahren sitzt James Stewart hinter Gittern. Er wurde als Mörder seines wesentlich älteren Liebhabers, eines Anwalts und Aktivisten verurteilt. Seine Mutter glaubt an seine Unschuld - und auch die Schwes

Agent im Zentrum einer Polit-Intrige

 Es war die Rede von Colin Powell in der UN, die auch Skeptiker in die Koalition der Willigen brachte und den Irakkrieg ermöglichte: Die USA hätten Beweise dafür, dass der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei, so Powell. Dem gemäßigten Republikaner, Berufsmilitär und Diplomaten, der international Ansehen und Glaubwürdigkeit genoss, wurde Glauben geschenkt. Heute weiß man: Die Angaben waren nicht wahr. Möglicherweise war Powell selbst getäuscht worden von der Falkenfraktion des Bush-Administtation. Und wenn das alles früher bekannt gewesen wäre? Diese Idee steht im Mittelpunkt des Plots des Politthrillers "Einmal noch sterben"  von Oliver Bottini um den ausgebrannten BND-Agenten und Präzisionsschützen Frank Jaromin. Ein französischer Geheimdienstoffizier erhält von einer irakischen Quelle eine brisante Nachricht: Die Angaben über irakische Massenvernichtungswaffen sind ein Fake, es gibt Beweise dafür, dass der Informant, der wiederum vom BND in Deutschland geführt w

Tour der Leiden für Autoren und Ermittler

 Mit "Soko Börsenfieber" hat Gerhard Henschel nunmehr den dritten Band um die Abenteuer des Uelzener Kommissars-Ehepaars Gerold und Fischer vorgelegt - und bleibt dabei dem Rezept des ersten Bandes "Soko Heidefieber" treu: Hier wird gnadenlos überzeichnet, das Regionalkrimigenre persifliert, und auch der leidgeprüfte Schriftsteller Thomas Gsella samt seines Autorenkupels Frank Schulz auf eine Tour der Leiden geschickt, diesmal quer durch Südamerika. Hier kann der Autor Henschel sämtliche sadistische Fantasien, was er seinen Figuren antun kann, genüsslich ausleben. Nebenbei gibt es Seitenhiebe auf die Finanzwelt, die Kirche, die Mafia und Superhelden in Polizeidiensten. Auch Linguisten kommen einmal mehr auf ihre Kosten, schließlich spricht die Fischerin friesisches Platt. Nein, allzu ernst sollte man das alles nicht nehmen, aber in der Übertreibung ist auch Soko Börsenfieber lustig - auch wenn das Erzählschema mittlerweile vertraut und ein wenig abgenutzt ist. Wie e

Mord auf der Hallig

 Angesichts der geringen Bevölkerungszahl auf den Halligen in der Nordsee wird die von Greta Henning erdachte Kriminanlpolizistin Minke van Hoorn erstaunlich oft zu Leichen gerufen. In "Halligzorn", dem nunmehr zweiten Band der Nordsee-Krimiserie, ist es erneut ihre Heimathallig. Ausgerechnet bei dem von Minkes Mutter organisierten Mittsommerfest wird die 17-jährige Leonie tot am Strand gefunden. Das Mordwekzeug ist schnell ermittelt - ein Eispickel, mit dem zuvor das Wappen Frieslands in einen Eisblock gehauen wurde. Wer der Täter sein könnte, das ist die schwierigere Frage. Als verwöhnte Tochter eines reichen Bauunternehmers war die schöne und selbstbewusste Leonie der Star an der Schule. Besonders sympathisch war das Mordopfer allerdings nicht, wie Minke schnell merkt - gnadenlos habe die jnuge Frau die Schwächen anderer aufgedeckt und andere gerne bloßgestellt.  Von ihrem Freund, der einkommenstechnisch weit von ihrer Welt entfernt war, hatte sie sich kürzlich getrennt, e

Ungewöhnliches Killerduo im Auftrag der Gerechtigkeit

 Wenn von einer Lizenz zum Töten die Rede ist, denkt man ja meist an smarte Agenten vom Schlage eines James Bond. Frau Morgenstern, die Hauptfigur von Marcel Huwylers Roman "Frau Morgenstern auf der Flucht", arbeitet in der gleichen Sparte für ein Schweizer Ministerium, entspricht als ehemalige Grundschullehrerin mit Silberhaar und einer Vorliebe für gute Manieren nicht so ganz dem klassischen Killer-Klischee. Ihr Teampartner Miguel, Ex-Söldner mit einem Hang zu großen Autos und großen Waffen, in der Arbeitsteilung, eher fürs Grobe vorgesehen, passt da schon eher rein. Die Arbeitsroutine der beiden gerät ins Stocken, als Frau Morgenstern ein Kollegenteam bei der Liquidierung eines Mannes erwischt, der ihr viel bedeutet. Spontan greift sie zur ersten greifbaren Waffe und tötet einen der Kollegen. Der zweite überlebt, und das ist nicht gut, denn nun ist Frau Morgenstern auf der Flucht, gejagt von ihren einstigen Kollegen. Miguel entscheidet sich spontan, sie zu begleiten.  Die

Mord im Shopping TV-Sender

  Plapperlaunig, offenherzig und gerne mal die politische Korrektheit an deibi soan lassen - so haben die Leser*innen von Gloria Grays erstem Band "Zurück nach Übertreibling" die Münchner Transfrau Vikki Victoria kennengelernt, Mit "Grüße aus Bad Seltsham" emittelt die Ich-Erzählerin nun wieder als Hobbydetektivon in eigener Sache,  wie immer unterstützt von ihrer Freundin Kati, einer jugendlichen Influencerin und ihrem Ex und besten Freund Wolf, beleseber Antiquitätenhändler und Chef der bayrischen Bikergang "Switch Blades". Bad Seltsham vor den Toren Münchens ist der Sitz eines Shopping Senders, in dem Vikki seit einiger Zeit arbeitet. Der Finanzier und Chef des Senders, ein Schweizer Millionär, schreibt dem Prduktionsleiter eine WhatsApp, als er Vikki erstmals auf dem Bildschirm siehr: Grandiose Brüste. Ist das jetzt unserer Quotentranse? Gar nicht politisch korrekt. Und als Vikkis Chef Olaf die private Nachricht öffentlich macht, bricht ein Shitstorm l

Ein angekündigter Mord und seine Folgen

 Es gibt Mordopfer, die sind einem trotz ihres plötzlichen und gewaltsamen Todes einfach nicht sympathisch. Nadine Just in Ursula Poznanskis Kriminalroman "Stille blutet" ist so ein Fall. Die 27-jährige hat steile Karriere bei einem privaten Fernsehsender gemacht, wobei sie ihren Erfolg klar ihrem Aussehen und der Nähe zm Senderchef und nicht etwa journalistischen Qualitäten verdankt. Unbeliebt ist sie aber vor allem wegen ihres Charakters,  den Angriffen auf alle, die nicht so jung und schön wie sie sind, die Herabwürdigung ihrer Opfer in sozialen Medien. Und dann ist da die Nachrichtensendung, in denen sie live vom Teleprompter abliest, es werde in Kürze zum Tod einer bekannten Fernsehmoderatorin kommen. Ein Verbrechen könne nicht ausgeschlossen werden. Der Name des Opfers sei - Nadine Just. Der Werber Tibor Glaser hat sich zwar vor ein paar Monaten von Nadine getrennt, ist aber dennoch erschrocken, als er die Sendung sieht. Als er Nadine telefonisch nicht erreichen kann, f

Anwaltskrimi aus Düsseldorf

 Mit "falsche Zeugen" von Ingo Bott bekommen Krimi-Leser zusätzlich zu einem spannenden Fall im Clanmilieu ein bißchen juristische Aufklärung: Was ist ein Zwischenverfahren, welche Regeln gelten für Anwälte, wenn sie sich nicht straffällig machen wollen, was ist ein Vorhalt?  Kein Wunder, denn Bott ist nicht nur selbst im Hauptberuf Rechtsanwalt, er teilt diesen Beruf - ebenso wie offenbar die Frisur mit seinem Protagonisten Anton Pirlo. Wobei auch Pirlo eine schillernde Figur ist, denn nicht einmal seine Anwaltskollegin Sophie Mahler weiß, dass er eigentliche aus einer arabischen Einwandererfamilie mit Verbindungen ins Clanmilieu stammt. Die deutsche Identität habe er sich dann zugelegt, weil er mit seinem Hintergrund befürchtete, so werde es nichts mit der Juristenkarriere. Um Clans geht es auch in dem neuen Fall von Pirlo und Mahler: Ein Juniormitglied einer einflussreichen albanischen Clanfamilie soll den Anführer einer bekannten Gruppe von Neonazi-Rockern vor einem Borde

Schwedenkrimi mit schmerzlichen Einsichten

 Manchmal kann man als Leser auch ohne Vorkenntnisse in eine bereits bestehende Romanserie einsteigen. In "Faust" von Gustav Skördeman funktioniert das nrr sehr bedingt. Zwar gibt es einige Erläuterungen und Hinweise zu den Ereignissen im Vorgängerband "Geiger" und man kann sich so einiges zusammenreimen. Doch beim Lesen hatte ich immer wieder das Gefühl, zu große Lücken zu haben, um die Proagonisten wirklich gut zu verstehen, allen voran die Hauptfigur, die Polizistin Sara Nowak. Was Geheimdienst-Schläfer der Stasi  in Schweden zu tun hatten, warum die Stasi ausgerechnet Schweden als Zuflucht für einen neuen Start für RAF-Terroristen ausgewählt haben soll - da fiel mir schon die zeitliche Zuordnung schwer, wann die Handlung eigentlich spielt. Es ist eben alles schon eine Weile her, und ich schreibe das als eine, die sich nicht nur an den Mauerfall erinnern kann, sondern auch Kindheitserinnerungen an den deutschen Herbst und die RAF-Plakate an allen Postämtern (die

Mörderischer Feuerteufel

  Wenn das mal nicht brandaktuell ist nach einem heißen Sommer, in dem in Europa einmal wieder vielerorts die Wälder brannten. Die Klimakrise spielt in Pernilla Ericsons Kriminalroman "Im Feuer" im Hintergrund immer wieder eine Rolle. Da es ein Krimi ist, ist allerdings auch so mancher Brand und damit zusammenhängende Todesfall auf menschliches Zündeln zurückzuführen. Dennoch werden Erderwärmung, Klimaveränderunge und das Dauerschwitzen selbst im schwedischen Sommer immer wieder thematisiert. Die Polizistin Lilly Hed hatte in Stockholm schon große Fälle bearbeitet. Im beschaulichen Nynäshamn ist die Verwunderung bei den Kollegen an der Schärenküste groß, dass sich die Ermittlerin ausgerechnet in die vergleichsweise unspektakuläre ländliche Idylle versetzen ließ, wo Schwerkriminalität normalerweise ein Fremdwort ist. Zumal Lilly sich über ihre Gründe und ihr Privatleben ausschweigt. Auch die Leser wissen zunächst nur, dass es einen Vorfall gegeben haben muss, der die Polizisti

Raubkunst und ein Ex-Mann - Anwältin ermittelt in eigener Sache

 Der one night stand der noch ziemlich verkaterten Frankfurter Anwältin Carla Winter kommt zu einem jähen Abschluss, als ihre Sekretärin sie aus dem Schlaf reißt: Sie soll sofort zur Kanzlei kommen. Ein Herr vom türkischen Generalkonsulat wolle sie dringend sprechen. Immerhin: Der Mannn sähe aus wie Doktor Schiwago. Doch alle Ähnichkeit mit Omar Sharif verblasst angesichts der unschönen Nachricht, Winters Ex-Mann sei bei einem Autounfall in der Türkei ums Leben gekommen. Ob Winter sich mangels anderer Angehöriger um Überführung und Begräbnis kümmern würde. Und da hatte die Anwältin schon gedacht, es ginge um einen ihrer Klienten aus dem Ruhrgebiet, Oberhaupt eines kriminellen Clans! Kaum hat Carla Winter in Lukas Erlers Kriminalroman "Das letzte Grab" den ersten Schock überwunden, wartet zu Hause der nächste. Denn ihr Haus wurde gründlich auf den Kopf gestellt und der Lover der vergangnen Nacht, den sie zunächst des Vandalismus verdächtigt hatte, ist tot im Kleiderschrank. De

Unblutiger Küstenkrimi um kauzigen Hausmeister

 Es muss nicht immer Blut fließen für spannende Unterhaltung - auch wenn eingefleischte Horror-Fans das sicherlich energisch bestreiten. Für alle, die nicht ganz so hardcore sind, hat Stefanie Schreiber für alle Nordseeliebhaber den mittlerweile dritten Band ihrer Serie um den kauzigen Hausmeister Torge Trutsen geschrieben, der der örtlichen Polizei stets gern unter die Arme greift - ob die das nun will oder nicht. In  "Das 13. Kind aus St. Peter Ording" muss er sogar in eigener Sache ermitteln. Eigentlich wollte Torgen pünktlich Feierabend in der Ferienhausanlage "Weiße Düne" machen, schließlich steht Enkelbesuch an. Doch als eine aufgeregte Mutter das Verschwinden ihres sechsjährigen Sohnes meldet, leiert er sofort eine Such- und Hilfsaktion an. Bei Küstenkommissar Knud Petersen weckt die Vermisstennachricht schlimme Erinnerungen: Vor fünf Jahren verschwanden Monatelang Konder aus St Peter Ording. Die meisten tauchten nach wenigen Tagen wieder auf,  offenbar ohne

Beutekunst-Krimi: Das neunte Gemälde

 Vergangenheitsbewältigung in der Kunstszene und in der eigenen Familiengeschichte: Eigentlich hat der Kunstsachverständige, Lennard Lomberg nach seinem Abschied vom traditionsreichen britischen Auktionshaus Christie´s Gastprofessor in seiner Geburtsstadt Bonn mit dem Thema NS-Raubkunst längst abgeschlossen. Zwar behandelte seine Doktorarbeit die moralischen, rechtlichen und kunsthistorischen Zusammenhänge, aber das ist mehr als 20 Jahre her. Seitdem hat er längst einen britischen (Doppel-)Pass und keinerlei Absichten, sich dem konfliktbeladenen Thema wieder zuzuwenden. Bis er erst einen Anruf von einem ihm völlig unbekannten Mann erhält, der ihn zu einem diskreten Treffen im Zusammenhang mit der angestrebten Rückgabe eines Gemäldes mit problematischer Provenient bittet. Als der Anrufer wenig später tot in einem Hotel gefunden wird, gerät Lomberg vorübergehend unter Mordverdacht. Der ist zwar schnell entschärft und der Kontakt zu einer kunstsinnigen BKA-Ermittlerin gestaltet sich sogar

Detroit Noir - ein Ex-Polizist schützt seinen Kiez

 Das Warten hat sich gelohnt: Mit Princess Margarita Illegal hat Stephen Mack Jones einen weiteren Roman um den Ex-Marine und Ex-Polizisten August Snow geschrieben, und wieder bildet Mexicantown in Detroit den Schauplatz eines spannenden Krimis mit Düsternis und Strahlkraft gleichermaßen. Seit er erfolgreich gegen die Stadt Detroit geklagt hat, ist Snow nicht mehr auf Arbeit angewiesen.  Statt sich auf seinen Millionen auszuruhen und ein süßes Leben zu genießen, ist er ein Philantrop der ungewöhnlichen Sorte und stemmt sich dem Verfall seiner Heimatstadt entgegen, die sich seit dem Niedergang der Automobilindustrie in einer Abwärtsspirale bewegt. Snow, Sohn eines schwarzen Vaters und einer mexikanischen Mutter, ist in das Viertel seiner Kindheit zurückgezogen und hat nicht nur sein Elternhaus restauriert, sondern auch Häuser in der Nachbarschaft aufgekauft, hergerichtet und ist als sozialer Vermieter auch ein bißchen Sozialarbeiter. Doch dann sind seine Ermittlerfähigkeiten wieder gefr

Eine Gattin verschwindet

 Wer sich bei Cay Rademachers "Die Passage nach Maskat" an ein Crossover von Babylon Berlin und Tod auf dem Nil erinnert fühlt, liegt nicht völlig falsch, spielt die Handlung doch in den 20-er Jahren und auf einem Schiff, dass von Marseille aus in den Nahen Osten und dann weiter nach Yokohama und Schanghai aufbricht. Mit dabei: Der Fotoreporter Theodor Jung, der für eine Berliner Illustrierte den Auftrag ergattert hat, über die Reise der "Champollion" zu berichten. Andernfalls hätte er Probleme gehabt, sich mit Ehefrau Dora der Reise der Schwiegerfamlie nach Maskat anzuschließen.  Der Schwiegervater, ein Hamburger Kaufmann, macht keinen Hehl daraus, dass er mit dem Beruf seines Schwiegersohns nicht einverstanden ist und sich etwas "Besseres" für seine Tochter gewünscht hätte. Etwa seinen Prokuristen Lüttgen, der ebenfalls zur Reisegesellschaft gehört? Die Ehe von Theodor und Dora kriselt schon seit geraumer Zeit, er hofft, dass es auf der Schiffsreise wied