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Showing posts from January, 2019

Terror im kanadischen Winter - "Die Schneetoten"

Ich habe den Kanada-Thriller "Die Schneetoten" von Barbara Fradkin mit sehr gemischten Gefühlen beendet. Der Plot ist eigentlich spannend und zeitaktuell: Eine Gruppe Jugendlicher, die meisten mit Migrationshintergrund, bricht auf zu einem Abenteuertrip in der verschneiten Provinz Quebec. Zwei Jugendliche verschwinden - Luc, der eine Vorgeschichte von Drogenmissbrauch hat, und Yasmina, ein schönes und hochintelligentes Mädchen, das, wie sich herausstellt, islamistisch radikalisiert ist. Droht ein Anschlag, und wie tief sind die Jugendlichen in Terrorpläne verstrickt? Das ist eine spannende Ausgangslage, gepaart mit der Frage, was junge Menschen in die Arme von Extremisten treibt. In der Tat wird das in dem Buch auch angekratzt. Die Hauptfigur ist allerdings Amanda Doucette, eine frühere Entwicklungshelferin, die nach traumatischen Erfahrungen in Nigeria immer noch auf der Suche nach ihrem inneren Gleichgewicht ist und die Abenteuerreise der Jugendlichen organisiert hat. Sie

Mord im Vatikan - humorvolle Spannung über die Untiefen des Kirchenstaats

Mord im Vatikan, ein toter Papst - das ist ein Stoff, der Verschwörungstheoretiker und Krimiautoren gleichermaßen inspiriert. Was beim Tod eines Papstes, ob nun aus natürlichen Gründen oder mit Gewalt im Spiel, zu beachten ist und welche Rolle der "camerlengo" dabei spielt, wissen bereits Dan Brown-Leser. Mit "Der Papst, die Prophezeiung und das Nest der Waschbären" hat Peter Simon nun eine eigene Version zu einer Bluttat im Kirchenstaat geschrieben,  in der kein Mangel an bissig-humorvollen Seitenhieben auf die klerikale Männergesellschaft im Vatikan, auf die Ränkespiele der Kurie und moralische Untiefen der angeblich frommen Geistlichkeit herrscht. Denn als Petrus II. von einer Kugel dahingerafft von einem päpstlichen Mitarbeiter gefunden wird, herrscht erst mal Chaos: Auf gar keinen Fall soll die Polizei hinzugerufen werden, die päpstliche Leiche wird vom Assistenten, der Haushälterin und zwei Schweizer Gardisten diskret und unauffällig in die päpstlichen Gemäc

Aktionsgeladener Terrorismus-Thriller - "Die Essenz des Bösen"

Der Londoner Kriminalpolizist Max Wolfe will eigentlich nur einen Rucksack für seine kleine Tochter kaufen – doch unversehens wird das Einkaufszentrum zum Tatort: Terorristen bringen mit einer Drohne einen Hubschrauber zum Absturz. Als der Helikopter durch das Glasdach des Einkaufszentrums stürzt, muss auch Wolfe um sein Leben rennen. Das ist der dramatische Auftakt von Tony Parsons Kriminalthriller “Die Essenz des Bösen” Die Ereignisse lassen beim Leser einen inneren Film ablaufen – schließlich sind die Schreckensbilder eines Terrorangriffs an einem dicht bevölkerten Ort seit dem 11. September ins kollektive Gedächtnis gebrannt und seitdem immer wieder durch Anschläge in Madrid und Paris, in Brüssel und Berlin verstärkt worden. Szenenwechsel: Wolfe nimmt zusammen mit einem Trupp Elitepolizisten an einem Einsatz teil, der zur Festnahme der mutmaßlichen Täter des Anschlags führen soll. Doch die Aktion endet nicht nur mit dem Tod der beiden Attentäter, auch eine Polizistin k

Kroatisches Roulette - Tatort-Kommissar ermittelt in eigener Sache

Die Idee klingt nicht unoriginell: Ein Schauspieler, der Fernsehzuschauern als Tatort Kommissar bekannt ist, schreibt ein Buch, in dem er selbst die Hauptfigur eines fiktiven Romans ist und gewissermaßen in eigener Sache ermitteln muß. Das könnte daneben gehen in Form von eitler Selbstbespiegelung oder -beweihräucherung. Im Fall von Miroslaw Nemec ist das dank einer erfrischenden Selbstironie und kleinen Seitenhieben auf die eigene Branche aber erfreulicherweise nicht der Fall. Der Ausgangspunkt von „Kroatisches Roulette“ passt in die #MeToo Debatte: Ich-Erzähler Nemec ist in Kroatien, um mit einem dortigen Produzenten über ein Projekt zu sprechen. Schon allein die Beschreibung der Protz- und Schmeichelspielchen in der Filmbranche lassen schmunzeln. Dem Roman-Nemec allerdings vergeht zu später Stunde im Hotel das Lachen: Der Zimmerservice meldet sich, doch die junge Frau, die ihm eine Flasche Champagner schickt, reißt sich das Kleid vom Leib. Als Nemec versucht, sie abzuwehre

Psychothrimmer um eine gestohlene Identität - Wovon Du nichts ahnst

Sarah Havenants Leben ist eigentlich in schönster Ordnung: Ihre Arbeit als Ärztin, das Familienleben, Freundschaften, Ausflüge ans Meer. Erst die Facebook-Freundschaftsanfrage einer ehemaligen Mitschülerin wirft einen Schatten in die Kleinstadtidylle an der amerikanischen Ostküste – denn erst durch die Frage, welches Profil denn das richtige ist, erkennt Sarah, dass es noch ein weiteres Profil von Sarah Havenant gibt, mit Bildern aus ihrem Zuhause, ihrem Alltag. Erst glaubt die Ärztin an einen Scherz, der nicht besonders komisch ist. Doch wer kann sie unbeobachtet so genau verfolgen? Wer versucht, ihre Identität zu stehlen? Wer schickt Bücher über bipolare Störungen und Selbstmordprävention? Sarahs Leben gerät aus den Fugen – und nicht nur das, sie scheint im raffiniert-tückischen Netz eines unbekannten Stalkers gefangen. Ihr eigener Mann weiß nicht mehr, ob Sarah unter Verfolgungswahn leidet oder womöglich mit diesen Aktionen Aufmerksamkeit sucht. Mit „Wovon du nichts

Fremdland - Spannend mit ein paar Schwächen

Rassismus bei der Polizei, falsch verstandene Loyalität gegenüber Kollegen, die Aussichtslosigkeit von Flüchtlingen, anders als mit illegalen Methoden ihren Lebensunterhalt zu verdienen - “Fremdland” von Philipp Reinartz befasst sich mit hochaktuellen Themen, kein Zweifel. Auf zwei Zeitebenen spielt der Krimi um den Berliner Mordermittler Jay – in der Gegenwart und in den 90-er Jahren. Der Tod zweier Polizisten auf einem verlassenen Firmengelände, die wohl organisierten Drogenhändlern in die Falle gingen, beschäftigt Jay eigentlich zunächst nur im Zuge privater Verwicklungen und im Zusammenhang mit einem früheren Fall. Doch plötzlich tauchen Bezüge auf, die auch die Untersuchungen des Todes einer 97-Jährigen in einer Seniorenresidenz in ein neues Licht rücken. “Wie eine Netflix-Serie zum Lesen” verspricht der Klappentext. Doch das ist dann doch ein wenig zu hoch gegriffen. Zwar ist es durchaus reizvoll, wie die Zeitebenen und die beiden Handlungsstricke unvermittelt ineinander ve