Im neunten Band um den Münchner Kommissar Tino Dühnfort geht
es durch die bayrische Provinz. Denn nach der Rückkehr aus der Elternzeit
arbeitet der Ermittler bei der „Operativen Fallanalyse“ und fremdelt noch mit
der neuen Arbeitsstruktur als Profiler. War es ein Fehler, das aktive Ermitteln
hinter sich zu lassen und nun zwar mit interesssanten Fällen, aber eben nur in
beratender Funktion. Und das kann frustrierend sein, wenn Dühnforts Bauchgefühl
bei einem angeblich eskalierten Einbruch mit zwei Toten sagt, dass hier mehr
dahinter steckt.
Ein Lehrer und seine Frau wurden mit Schüssen aus einer
Armbrust getötet – lautlos und präzise, die totale Abwesenheit von Spuren
irritiert Dühnfort. Auch andere Tatorte
ungeklärter Todesfälle sind auffallend sauber. Doch da zwischen den Opfern und
des Todesarten kein Zusammenhang zu bestehen scheint, ist Dühnfort zunächst
weitgehend alleine mit seiner Überzeugung, es handele sich hier um eine Serie.
Hinzu kommen Spannungen im neuen Team – vor allem sein Kollege Manfred, der
sich Hoffnungen macht, nach der Pensionierung des derzeitigen Chefs
aufzurücken, reagiert misstrauisch auf den vermeintlichen Konkurrenten um den
Chefsessel.
Anders als die Polizisten weiß der Leser von Anfang an, dass
es sich in der Tat um eine Mordserie handelt, denn auf einer zweiten
Erzählebene schildert Inge Löhnig das
Geschehen aus der Perspektive des Täters, der seine nächsten Taten plant. Die düsteren Botschaften, die er vorher
verschickt, überzeugen schließlich auch Dühnforts Kollegen, dass es einen
Zusammenhang gibt.
Zufällig ist dabei keines der Opfer – die dritte
Erzählperspektive ist die Geschichte einer jungen Frau, die als einsame und
unglückliche 16-jährige von ihrem Freund erst als „Prinzessin“ behandelt und
dann in die Prostitution gedrängt wurde.
In der Kriminalistik ist dieses Vorgehen mittlerweile als die
„Loverboy“-Masche bekannt. In einem Kreislauf von Drogen, Gewalt und
Prostitution gefangen, sah sie irgendwann keinen Ausweg mehr. Nun ist ein
tödlicher Rachefeldzug im Gang und der Täter fragt sich, ob seine Opfer oder
die Polizei als erste erkennen, mit wem sie es zu tun haben.
Auch wenn der Leser durch diese Erzählweise näher dran ist
an den Morden und den Motiven als Dühnfort und seine Kollegen, bleibt die Frage
nach dem „Wer“ lange Zeit offen, denn
Löhnig präsentiert in ihrem flüssig und eingängig geschriebenen Kriminalroman
mehrere plausible Kandidaten. Ein wenig holprig ist dabei nur die Seitenepisode
zu den Insiderinformationen des Täters. Nachvollziehbar auch das
Konkurrenzgerangel innerhalb der Polizei mit Alphaspielchen und
Eifersüchteleien, die den Ermittlungen letztlich im Weg stehen. Stoff und Personal für den nächsten Band ist
da schon einmal angedeutet.
Inge Löhnig, Ich bin dein Tod
Ullstein, 2020
368 Seiten, 9,99
9783548290966
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