Mit "Peter kommt später" lässt Thomas Raab zum dritten Mal Frau Huber im österreichischen Glaubenthal ermitteln. Dabei überzeugt mich die alte Dame mit dem herben Charme, eine Grantlerin mit dem Herz auf dem richtigen Fleck. Leider gerät das Buch über weite Strecken langatmig und braucht ordentlich Zeit, um in Schwung zu kommen. Und das ist schade, denn der Plot ist ebenso überzeugend wie der bitterböse, sarkastische Humor, der hier immer wieder durchbricht - leider nicht durchgehend.
Denn als erst die alte Brucknerwirtin nicht ins Gras beißt, aber tot im Kaiserschmarrn endet und wenig später die Dorfälteste Hertha ausgerechnet an ihrem 99. Geburtstag ermordet aufgefunden wird, kann die Huberin nicht untätig bleiben. Vor allem, da ausgerechnet Hertha, die sich nach dem Krieg verwaister Kinder angenommen hat, mit einem Nazi-Dolch im Rücken daliegt, das will Frau Huber nicht in den Kopf.
Dabei wird mit dem Dolch bereits ein Leitmotiv gesetzt, denn die Verbrechen spülen auch die braune Vergangenheit des Dorfes wieder an die Oberfläche. Wobei: Das Vergangene ist gar nicht so vergangen. Längst huldigt eine neue Generation der Ideologie von einst und versucht, sie der Jugend weiter zu geben. Die Huberin wird mit Abgründen in der Alpenidylle konfrontiert, muss Vergangenes aufdecken, das alle am liebsten Vergessen wollen und weiß schon bald nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen kann. Ihre schlechte Meinung über die Glaubenthaler war instinktiv ganz richtig, muss sie erkennen. Doch es gibt noch andere, die die Vergangenheit nicht ruhen lassen wollen.
Reichlich Dialekt prägt diesen Alpenkrimi mit allerlei Nebenhandlungen, die einer stringenten Erzählung eher im Weg stehen. Hier wäre dann weniger mehr gewesen. Liebenswert ist die ermittelnde Seniorengang, die den braunen Sumpf ihres Heimatortes trocken legen will. Hier ist etwas nicht faul im Staate Dänemark, sondern in der Alpenrepublik.
Thomas Raab, Peter kommt später
Kiepenheuer & Witsch 2022
336 Seiten, 22 Euro
9783462002065
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