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Familiengeheimnisse und toxische Beziehungen

  Man muss schon ein bißchen dabei bleiben bei der Lektüre von "Team Helsinki" von A. M. Ollikainen, einem schreiben Ehepaar. Denn in dem finnischen Krimi um den Fund einer Leiche in einem Container wechseln die Zeit- und Erzählperspektiven - dabei führen die Autoren ihre Leser durchaus auch auf manche falsche Fährte. In der Schlussphase des Buches gibt es dafür auch klärende Aha-Momente.

Zerrissene, disfunktionale Familien, in denen Geheimnisse ausgeschwiegen werden, Alkohol- und Drogenmissbrauch - es ist durchaus skandinavisch-düster in diesem Auftakt einer Reihe um die Kriminalbeamtin Paula, die gerne mal zu Alleingängen neigt und manche Schnellentscheidung später bedauert - was sie allerding auch menschlich macht.

In "Die Tote im Container" ermitteln Paula und ihre Kollegen im Umkreis einer Unternehmer- und Mäzenatenfamilie, nachdem in einem deren Firma gehörenden Container die Leiche einer toten Frau aus Namibia gefrunden wurde. Der Container, in den Wasser eingeleitet wurde, sollte Teil eines Kunstprojekts sein, das von der Familienstiftung finanziert wurde. Dass die Familie nicht nur über Jahre Ländereien in Namibia besass, sondern auch einen aus dem südafrikanischen Land stammenden Adoptivsohn hat, wirft Fragen nach Verbindungen zu der Toten auf.

Es dauert eine ziemliche Weile, bis die Spannung in Gang kommt und der eine oder andere private Nebenstrang, der vermutlich Grundlagen für künftige Bände legen soll, ist dabei nicht besonders hilfreich. Wenn sich am Ende der Plot erschließt, ist das allerdings durchaus spannend gelöst.Dabei werden gleich ein paar weitere Geheimnisse gelüftet, die die Autoren auch in Zukunft weiter beschäftigen dürften.

"Team Helsinki" hat mich vielleicht nicht vor Begeisterung vom Hocker gerissen (wobei die Messlatte nach meinen letzten Skandinavien-Krimis ausgesprochen hoch war), ist aber durchaus solide Krimikost.


A.M. Ollikainen, Team Helsinki, Die Tote im Container

Lübbe 2022

352 Seiten, 16.99

9783785727942

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