Achtung: Die Küsten-Regionalkrimis bekommen Konkurrenz. Mit
„Halligmord“ schickt die Autorin Greta Henning eine neue Detektivin unter die
Küsten-Ermittler. Minke van Hoorn, die
eigentlich Meeresbiologie studiert hat, kehrt auf die Hallig ihrer Kindheit
zurück. In einem nordfriesischen Küstenstädtchen übernimmt sie das örtliche
Polizeirevier – und tritt damit in die Fußstapfen ihres Vaters. Nach seinem
Unfalltod vor fünf Jahren beendete sie das Kapitel Meeresbiologie und ging zur
Polizeihochschule.
Die Voraussetzungen für den allmählichen Einstieg der
Berufsanfängerin sind schlecht: Ihr Assistent ist eine Woche von der Pensionierung entfernt und denkt nur
noch an seinen Ausstand. Faul war er zwar schon immer, doch nun ist noch
weniger mit ihm anzufangen. Dafür nennt er die neue Chefin, die er bereits als
kleines Mädchen kannte, mit nervender Beharrlichkeit „Mäuschen“. Und dann wir
auf einer Hallig ein Skelett gefunden.
Um wen es sich handelt, wird bald klar: Der örtliche Arzt,
dessen Witwe noch immer auf der Hallig lebt. Vor mehr als 30 Jahren kam er
angeblich ums Leben, als sein Boot auf dem Weg zu einem Patienten aus
ungeklärter Ursache in Brand geriet und
explodierte. Die Leiche des Arztes wurde nie gefunden. Keinesfalls aber wurde sie im Torf der Hallig vermutet.
Zudem verschwindet der Sohn des
ehemaligen Deichgrafen, an dem Minke ein sehr privates Interesse hat. Und dann kündigt sich auch noch ein schweres
Unwetter an.
Viel Drama und schwarze Sturmwolken also, mit viel liebevoll
geschilderten Details der nordfriesischen Landschaft, des Wattenmeers und des
abgeschiedenen Lebens auf den Halligen. Mit dem nahenden Küstensturm erinnert
nicht nur die Atmosphäre ein wenig an „Mord im Orient Express“, in dem der
Ermittler mit den Verdächtigen von der Außenwelt abgeschnitten ist.
Denn je weiter Minka mit ihren Nachforschungen kommt, desto
mehr zeigt sich, dass der Tote keineswegs nur der charismatische, gutaussehende
Arzt war, der angeblich bei jedermann beliebt war. Im Gegenteil, an
Verdächtigen mit einem Motiv herrscht kein Mangel.
In „Halligmord“ gibt es zwei Erzählebenen – einmal die
Gegenwart, in der Minka ihre Ermittlungen voranzutreiben versucht, einmal aus
der Perspektive derjenigen, die beim Verschwinden des Arztes auf der Hallig
waren. Doch wessen Erinnerung lügt? Bis zum Schluss bleibt es spannend. Ein
vielversprechender Auftakt.
Greta Henning, Halligmord,
Ullstein, 2020
272 Seiten
9783864931307
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