Ein toter Klient und ein Cold Case auf der Halbinsel Eiderstadt beschäftigt die Anwältin Fentje Jacobsen und den Journalisten Niklas John in ihrem dritten Fall von Eva Almstädts "Akte Nordsee"-Serie - diesmal mit dem passenden Titel "Das schweigende Dorf". Denn auch als Einheimische kommt Fentje so gar nicht bei ihren Nachforschungen voran, nachdem sie mitten in der Nacht ein Anruf im Schafstall ihrer Großeltern erreicht hat. Ein Mann stammelt, er brauche eine Anwältin - er glaube, er habe einen Mord begangen. Dann bricht das Gespräch ab.
Die von Fentje verständigte Polizei ist zunächst sehr verschlossen, doch dann wird klar: In der Nacht starben in dem Dorf Helenendorf zwei Männer, die zuvor miteinander gezecht hatten. Der eine mit eingeschlagenem Schädel am Küchentisch, der andere erhängt am Treppengeländer. Selbstmord aus Reue für eine im Affekt begangene Tat? Niklas, den der Pressestaatsanwalt einen Blick auf den Tatort werfen lässt, hat sofort Zweifel, die Strangulationsmerkmale scheinen ihm nicht stimmig zu sein. Und auch das Mordopfer wirft Fragen auf: Seine erste Frau beging Selbstmord, eine Freundin verschwand vor Jahren spurlos. Ein Ex-Polizist ist geradezu besessen von dem Fall.
Im dritten Fall werden die Schwingungen zwischen Fentje und Niklas, die sich zuletzt schon angedeutete hatten, deutlich stärker. Komplikationen gibt es einerseits durch einen feschen Tierarzt, den Fentjes Oma nur zu gerne mit der Anwältin verkuppeln möchte und die Frau eines der Toten andererseits. Der Roman findet die Balance zwischen dem Persönlichen und dem Kriminalistischen und wird nach den eher zähen Ermittlungsbemühungen am Ende noch recht dramatisch.
Vermutlich um ihm eine verletzlichere Aura zu geben, hat Almstädt Niklas noch vor den Ermittlungen mal eben als Kriegsberichterstatter in die Ukraine geschickt, was nicht so richtig glaubwürdig ist bei einem Journalisten, der sich bisher mehr mit Leute- und Blaulichtgeschichten beschäftigt hat. Und auch die Vorstellung, dass ausgerechnet ein Staatsanwalt Journalisten an einen Tatort lässt, an dem die Spurensicherung noch arbeitet ist nun wirklich ausgesprochen unrealistisch. Über solche Details sollte man dann als Leser*in besser gar nicht weiter nachdenken. Dennoch, vor allem Fentje als Anwältin mit Schafstall ist sehr sympathisch, und ihre Großeltern sind einfach nur knuffig. Auch die Beschreibungen der nordfriesischen Landschaft wecken Urlaubsfeeling.
Eva Almstädt, Akte Nordsee. Das schweigsame Dorg
Lübbe 2024
382 Seiten, 11,99
9783751755870
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