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Hanebüchener Dänemark-Urlaub

 Von "dänische Dunkelheit" von Jonas W, Bentsen (so das dänisch klingende Pseudonym eines aus der Stuttgarter Gegend stammenden Autors, ist ja eine beliebte Masche bei den Verfassern deutscher Urlaubsromane, die in anderen Ländern spielen) hatte ich mir hyggelige Spannung oder Scandinavia Noir erhofft: Ein Stuttgarter Kommissar, der beim Campingurlaub in Dänemark eine Leuche stößt und so zu einer ganz neuen Urlaubsbeschäftigung kommt, indem er die dänischen Kollegen unterstützt. Gute Beispiele von grenzüberschreitenden Ermittlerteams gibt es ja durchaus, und der Kontrast von Mentalitäten und Marotten diesseits und jenseits der Grenze kann durchaus reizvoll sein.

Doch ach, schon nach den ersten Kapiteln ahnte ich, hier wartet nur eine dunkle Lese-Enttäuschung. An einer Stelle des Buches heißt es, der Rest einer Vernehmung habe einem Groschenroman entsprochen. Das war eine unfreiwillige Selbstbeschreibung dieses Buches. Warum hat ein wohlmeinendes Lektorat den Autor nicht daruaf hingewiesen, dass die inflationäre Verwendung von Adjektiven den Schreibstil nicht lebendiger macht? Dass im Plot Okkultismus und die Neigung der dänischen Ermittlerin zu Übersinnlichem eine Rolle spielt - geschenkt. Aber die Charaktere waren allesamt so überzeichnet, dass sie eher einer Parodie glichen. Hier wurde mit der Methode Holzhammer geschrieben. Ich habe mich durch das Buch gequält, mit dem Prinzip Hoffnung, dass  irgendwann eine Besserung in Sicht käme. Ich wurde enttäuscht.


Jonas W. Bentsen, Dänische Dunkelheit

Ullstein 2024

300 Seiten, 6,99

  9783843729949

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