Skip to main content

Rache und Hochzeitspläne

 Bennie Griessel hat sich einen denkbar schlechten Termin zum Heiraten ausgesucht. Denn als ob der südafrikanische Polizist nicht schon genug mit der Nervosität, der Angst vor einem Alkohol-Rückfall und den Hochzeitsvorbereitungen zu tun hätte, fordert ein neuer Fall ihn und seinen Partner Vaughn Cupido in Deon Meyers Polizeithriller "Die Stunde des Löwen". 

Mit dem neuesten Bennie Griessel-Band schafft es Meyer einmal mehr, einen spannenden Plot sowohl mit dem persönlichen Leben seiner Protagonisten wie auch mit den Realitäten des modernen Südafrika zu verbinden. Bei der Polizei in Stellenbosch, wo Griessel und Cupido nach ihrer Entlassung bei einer Eliteeinheit gelandet sind, führen die beiden Beamten eigentlich ein ruhiges Leben. Kein Vergleich mit der Gewaltkriminalität in Johannesburg! Der Tod einer Studentin ist da schon fast spektakulär. In mühsamer Kleinarbeit finden die beiden Polizisten einen Verdächtigen, einen Anwalt. 

Doch der ist wenig später Opfer eines ziemlich ungewöhnlichen Mordes. Die Schwester des Toten reagiert nach Ansicht der Ermittler ziemlich merkwürdig - und je mehr sie über das Mordopfer herausfinden, desto seltsamer wirkt der Fall: Ein ehemaliger Soldat der Spezialkräfte, der ein luxuriöses Haus hatte, und dessen finanzielle Mittel Fragen aufwerfen. Als sie von dem Fall abgezogen werden, holt ihre ehemalige Vorgesetzte die beiden Polizisten in eine ziemlich geheime Ermittlungseinheit, die Wirtschaftskriminalität mit Verbindung zu (früheren) Regierungskreisen untersucht. Wie passt das Mordopfer da hinein - und wer macht Jagd auf ehemalige Mitglieder der Spezialkräfte?

In einem weiteren Handlungsstrang geht es um einen gescheiterten Raubüberfall und einen geplanten Coup, der noch eine erhebliche Herausforderung für Griessels Hochzeitspläne wird.

Auch wenn die Fälle in Meyers Buch Fiktion sind, erinnert manches an Korruption, Bereicherung und Nepotismus in der Regierungszeit von Jacob Zuma. Und auch die "faulen Äpfel" im Dienste der Polizei, die integren Beamten das Leben schwer machen, erinnern ans "wahre Leben". Spannung ist in diesem Kap-Krimi mit zahlreichen Wendungen und einem dramatischen Finale jedenfalls garantiert.


Deon Meyer, Die Stunde des Löwen

Aufbau Verlage, 2024

480 Seiten, 15,99

9783841236302

Comments

Popular posts from this blog

Wer macht Jagd auf die Slow Horses?

  Wenn Mick Herron seine "lahmen Gäule" in ein neues Rennen schickt, ist eines klar: spannende Unterhaltung gewürzt mit schwarzem britischen Humor und intriganten Politikern, die irgendwie sehr an tatsächlich existierende Persönlichkeiten erinnern, ist garantiert. Und man sollte die einzelnen "slow Horses" besser nicht zu lieb gewinnen, denn schon in den vorangegangenen Bänden um die Parias des britischen Inlandgeheimdienstes MI5 war die Überlebensquote nicht so toll.  Niemand dürfe sich sicher fühlen, bestätigte Autor Herron denn auch im Interview. Vielleicht mit Ausnahme von Jackson Lamb, dem ständig missgelauntem Herrn des "Slough House" - soviel Zynismus, politische Unkorrektheit und reptilienartige Verschlagenheit ist schließlich schwer zu ersetzen. Wobei auch Diana Taverner, Oberintrigantin und endlich auch oberste Chefin beim MI 5, ihm in letzterem kaum nachsteht. In "Slough House" werden treue Leser*innen allerdings ein paar Namen aus der

Ein Noir-Klassiker, wiederbelebt

 Das Cover von "Wer das Opfer findet" von Ross MacDonald erinnert an die Bilder von Ed Hopper und auch inhaltlich verkörpert dieser Detektivroman die Ära der Ära der Noir-Klassiker. MacDonald starb 1983, das Buch spielt irgendwann in den 50-ern, das spiegelt sich auch der Beschreibung der Welt in einer kalifornischen Kleinstadt wieder. Wie heißt es doch so schön, als "Männer noch Männer waren"? Frauen haben jedenfalls vor allem schön zu sein und wahlweise die Rolle der Mutter und Ehefrau oder des Flittchens auszufüllen.  Beim Visualisieren des Textes habe ich geradezu Humphrey Bogart und die junge Lauren Bacall vor Augen, in den Chandler-Verfilmungen der "Schwarzen Serie". Und auch sprachlich erinnert MacDonald an den Stil von Raymond Chandler, wenn er seinen Privatdetektiv Lew Chandler erzählen lässt - einerseits lakonisch-abgeklärt, andererseits mit bildhaften Formulierungen, die sofort  Kopfkino in Gang setzen und nachhallen, die poetisch wirken wie etw

Cold Case in Nordfriesland

 Ein toter Klient und ein Cold Case auf der Halbinsel Eiderstadt beschäftigt die Anwältin Fentje Jacobsen und den Journalisten Niklas John in ihrem dritten Fall von Eva Almstädts "Akte Nordsee"-Serie - diesmal mit dem passenden Titel "Das schweigende Dorf". Denn auch als Einheimische kommt Fentje so gar nicht bei ihren Nachforschungen voran, nachdem sie mitten in der Nacht ein Anruf im Schafstall ihrer Großeltern erreicht hat. Ein Mann stammelt, er brauche eine Anwältin - er glaube, er habe einen Mord begangen. Dann bricht das Gespräch ab. Die von Fentje verständigte Polizei ist zunächst sehr verschlossen, doch dann wird klar: In der Nacht starben in dem Dorf Helenendorf zwei Männer, die zuvor miteinander gezecht hatten. Der eine mit eingeschlagenem Schädel am Küchentisch, der andere erhängt am Treppengeländer. Selbstmord aus Reue für eine im Affekt begangene Tat? Niklas, den der Pressestaatsanwalt einen Blick auf den Tatort werfen lässt, hat sofort Zweifel, die Str